Auskunft über SalärKommt bald auch hier die totale Lohntransparenz?
Deutsche Firmen müssen bald Auskunft über die Gehälter geben. Auch in der Schweiz tut sich etwas.
Ab Anfang Januar tritt in Deutschland das sogenannte Entgelttransparenzgesetz in Kraft. Dann kann jeder Angestellte bei seinem Arbeitgeber nachfragen, wie viel Lohn der Kollege erhält. Das Auskunftsrecht gilt in Unternehmen mit über 200 Mitarbeitern.
Damit will die deutsche Regierung mehr Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen beim Lohn schaffen. Eine Frau kann also mehr Lohn verlangen, wenn sie erfährt, dass sie weniger verdient als ihr männliches Pendant. Notfalls kann sie den Gang vor den Richter wählen, wie die «Welt» schreibt.
«Von Lohntransparenz kann nicht die Rede sein»
In der Schweiz gibt es kein solches Gesetz. Allerdings will man auch hierzulande gegen die Lohndiskriminierung gesetzlich vorgehen. Im Parlament ist derzeit eine Vorlage des Bundesrates hängig. Er will grössere Unternehmen dazu verpflichten, alle vier Jahre die Gehälter zu analysieren. Ein Entscheid sollte nächstes Jahr fallen.
Doch auch wenn die Vorlage durchkommt, können Mitarbeiter dann nicht einfach den Lohn der Kollegen beim Arbeitgeber erfragen. «Von Lohntransparenz kann nicht die Rede sein», sagt Jörg Scholten, Vergütungsexperte bei der Beratungsfirma Kienbaum, zu 20 Minuten. Zwar habe die Schweizer Vorlage den gleichen Ausgangspunkt wie das Gesetz in Deutschland: die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau. Doch die Herangehensweise sei eine völlig andere.
«Ein solches Gesetz ist ein Papiertiger»
Laut Scholten würde in der Schweiz ein ähnliches Gesetz wie in Deutschland wenig Sinn machen. Zum einen wäre der administrative Aufwand für die Unternehmen enorm. «Ein solches Gesetz ist ein Papiertiger», so der Experte. Zum anderen würde es das eigentliche Problem nicht lösen.
So hat der Unterschied der Gehälter gemäss Scholten wenig mit Lohnungerechtigkeit zu tun. Die Unternehmen würden bereits heute bei gleicher Arbeit für ausgeglichene Löhne zwischen den Geschlechtern sorgen. «Keine Firma kann es sich leisten, Frauen strukturell zu benachteiligen», sagt Scholten.
Scheindiskussion um Lohngerechtigkeit
Für ihn geht es daher nicht um Lohn-, sondern um Chancengerechtigkeit: «Frauen sind weniger im Kader und auf Top-Ebenen vertreten und machen weniger Karriere als Männer.» Auch die Vereinbarkeit von Job und Familie sei für die unterschiedlichen Einkommen verantwortlich. «Diese Probleme lassen sich aber nicht auf gesetzlicher, sondern nur auf gesellschaftlicher Ebene lösen», so Scholten. Unter dem Strich sei die Diskussion um Lohngerechtigkeit eine Scheindiskussion, mit der sich gut politisieren liesse.
In der Schweiz fallen vor allem Start-ups und kleinere Firmen mit innovativen Lohnsystemen auf, die beispielsweise gleiche Löhne für alle Mitarbeiter vorsehen. Davon sind traditionelle Schweizer Unternehmen weit entfernt.
Migros setzt Lohngleichheit systematisch um
So gibt es bei der Migros keine Transparenz beim Lohn. Der Detailhändler betont auf Anfrage aber, dass man den Grundsatz der Lohngleichheit systematisch umsetze. «Dadurch können die Mitarbeitenden davon ausgehen, dass für gleiche oder gleichwertige Arbeit auch entsprechende Löhne gezahlt werden», sagt eine Sprecherin.
Auch bei der Swisscom kann man die Löhne einzelner Kollegen nicht erfragen. «Doch Mitarbeitende können sehen, wie andere Funktionen eingestuft sind und welche Lohnbänder für die Funktionen gelten», teilt das Unternehmen mit.
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