So wenig kann die Schweiz gegen Sport-Korruption tun

Aktualisiert

GesetzeslückenSo wenig kann die Schweiz gegen Sport-Korruption tun

Immer wieder kommt es bei Sportverbänden wie zum Beispiel der Fifa zu Skandalen. Juristen erklären, weshalb nur wenig gegen Sport-Korruption getan werden kann.

Kaspar Wolfensberger
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Kaspar Wolfensberger

Der brasilianische Fussballverband CBF soll während der WM 2014 Funktionären des Weltfussballverbands Fifa verbotenerweise teure Parmigiani-Fleurier-Uhren geschenkt haben. Dies berichtet die Zeitung «Die Welt». Bei der Fifa heisst es hierzu auf Anfrage, dass die eigene Ethik-Kommission den Fall seit Juni abklärt. Ausserdem betont der Verband, nichts mit dem Handeln des CBF zu tun zu haben: «Die Fifa hat keine Uhren verteilt, weder an die Mitglieder ihres Exekutivkomitees noch an ihren Präsidenten oder den Generalsekretär.»

Trotzdem ist es nicht das erste Mal, dass es beim Sportverband in den letzten Jahren zu Vorwürfen kommt. Dazu zählen Korruption in dreistelliger Millionenhöhe bei Top-Funktionären, zum Kauf angebotene Stimmen vor WM-Vergaben und zweifelhafte Geldausschüttungen an Verbände, wie die Deutsche Welle berichtet. Vorwürfe, gegen die die Fifa sich wehrt: «Noch liegt kein Ergebnis einer Untersuchung der Ethik-Kommission vor, daher kann nicht von bewiesenen Bestechungen oder Korruptionssummen gesprochen werden.»

Schweiz wegen tiefer Steuern beliebt

Eine besondere Bedeutung kommt bei dieser Thematik der Schweiz zu. Über 30 internationale Sportdachverbände, wie Fifa, Uefa oder Fiba haben ihren Hauptsitz hierzulande.

Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Nebst der Schönheit der Schweizer Seen und Berge sowie der guten Schokolade dürften auch die tiefen Steuern wichtig sein. Sportdachverbände zahlen weitaus tiefere Steuern als Kapitalgesellschaften. Grund: Sie sind als Verein organisiert. Daneben gibt es aber gerade im Fall der Fifa noch ein weiteres Argument für den Standort Schweiz: Die Antikorruptionsgesetze sind lasch.

Bundesrat möchte Verschärfung

Wie die Schweizer Sektion der NGO Transparency International gegenüber 20 Minuten erklärt, ist hierzulande nur die Bestechung von Amtsträgern im Strafgesetzbuch geregelt. Die Bestechung von Sport-Funktionären zählt hingegen zur Privatbestechung und diese kann nur auf Antrag verfolgt werden. Das heisst, es muss sich erst ein privater Kläger finden, der bereit ist, seine Anwälte zum Beispiel auf die Fifa anzusetzen.

Hier möchte der Bundesrat nun eingreifen. Er hat dem Parlament einen Gesetzesentwurf bezüglich einer Verschärfung des Korruptionsstrafrechts vorgelegt und die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats wird ihn in den nächsten Wochen diskutieren. Ziel ist es, die Privatbestechung ins Strafgesetzbuch aufzunehmen und sie zum Offizialdelikt zu machen. Staatsanwälte müssten dann bei einem Verdacht von sich aus Ermittlungen aufnehmen.

Für die Fifa könnte es eng werden

Die NGO Transparency International zeigt sich erfreut über den Vorschlag des Bundesrates. «Es besteht ein öffentliches Interesse an der Verfolgung der Privatbestechung», erklärt Geschäftsführerin Delphine Centlivres. Sie schade der wirtschaftlichen Effizienz, untergrabe das Vertrauen im Geschäftsverkehr und könne zu negativen Konsequenzen für die Bevölkerung führen.

Falls der Gesetzesentwurf vom Parlament angenommen wird, könnte sich für die Sportdachverbände einiges ändern. «Die Korruption im privaten Sektor liesse sich einfacher bekämpfen, auch wenn dabei keine Amtsträger involviert sind», so Centlivres. Die Staatsanwaltschaft dürfte von sich aus gegen den Fussballverband ermitteln, wenn es zum Beispiel zu einer fragwürdigen WM-Vergabe kommt.

Bei der Fifa heisst es zum Gesetzesvorstoss: «Die Fifa unterstützt staatliche Massnahmen zum Schutz der Integrität des Sports und im Kampf gegen Korruption.»

Herr Mühlemann*, wieso werden Sportverbände bei Korruption kaum je angeklagt?

Funktionäre von Sportdachverbänden fallen laut Strafgesetzbuch nicht unter die Definition offizieller Amtsträger, deshalb sind die Korruptionsgesetze nicht anwendbar. Zwar sind auch internationale Organisationen erfasst, dazu zählen aber nicht die Vertreter von NGOs und Sportdachverbänden.

Handelt es sich auch nicht um Privatbestechung?

Nein, die gesetzlichen Vorgaben zur Ahndung der Privatbestechung helfen nicht weiter. Dieser Tatbestand trifft nur bei der Beeinträchtigung eines wirtschaftlichen Wettbewerbsverhältnisses zu. Da die meisten Sportdachverbände aber in einem wettbewerbsfreien Bereich tätig sind, ist dieser Tatbestand schwer anzuwenden.

Wird der neue Vorschlag des Bundesrates funktionieren?

Der Bundesrat möchte die Bekämpfung der Korruption in der Privatwirtschaft gesamthaft angehen und die Privatbestechung im Strafgesetzbuch aufnehmen. Damit soll das Erfordernis der Beeinträchtigung eines Wettbewerbsverhältnisses wegfallen und die Privatbestechung soll ein Offizialdelikt werden. Das heisst sie müsste von Amtes wegen verfolgt werden. Doch es gibt Kritik von Wirtschafsverbänden und Widerstand im Parlament ist wahrscheinlich.

Gäbe es eine Alternative?

Zur Bekämpfung der Korruption in Sportdachverbänden hat der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth bereits 2011 einen Vorschlag präsentiert: Die Funktionäre der Sportdachverbände werden den Vertretern internationaler Organisationen gleichgesetzt, womit sie direkt durch das Strafrecht erfasst würden. Die Konsequenzen wären in Bezug auf die Sportdachverbände die gleichen, wie beim Vorschlag des Bundesrats. Es gäbe aber wahrscheinlich weniger Widerstand.

*David Mühlemann ist Jurist und arbeitet als wissenschaftlicher Assistent für den Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth.

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