Grüne Welle für ZügeDank iPad soll die SBB effizienter fahren
Pendler dürfen aufatmen: Dank eines neuen Lenkungssystems sollen die Züge nicht mehr mitten auf der Strecke stehen bleiben und pünktlicher sein. Die SBB spart damit viel Energie.
Wer kennt die Situation nicht: Plötzlich hält der Zug mitten auf der Strecke an. Ungewissheit und Unruhe machen sich unter den Passagieren breit. Mit diesen unfreiwillig empfundenen Zwischenhalten kann nun bald Schluss sein, wie die «Schweiz am Sonntag» schreibt. Die SBB führt per Ende Jahr die sogenannte grüne Welle ein. Dabei wird der Verkehr mit synchronisierten Grünphasen an den Lichtanlagen gesteuert. Dieses System nennt sich «adaptive Lenkung» (ADL) und berechnet für jeden Zug laufend die optimale Fahrtstrategie.
Der Fokus liegt dabei auf dem Verhindern von betrieblich nicht notwendigen Stopps vor «Halt» zeigenden Signalen, wie es im SBB-Magazin «Rail now» etwas umständlich heisst. Das neue Lenksystem soll zu weniger Stopps und mehr Pünktlichkeit führen und spart dabei viel Energie.
Und das funktioniert so:
Die Lokführer erhalten die ideale Fahrtgeschwindigkeit auf ein iPad übermittelt. Ist dort etwa absehbar, dass ein Zug, der eigentlich mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h unterwegs sein dürfte, auf ein Rotlicht trifft, könnte eine empfohlene Geschwindigkeit von 90 km/h eingeblendet werden. Hält der Lokführer diese Geschwindigkeit ein, ist der Zug zwar langsamer unterwegs, trifft aber beim Signal auf ein grünes statt rotes Licht.
Durch das ADL wollen die SBB jährlich über 10 Millionen Franken an Energiekosten einsparen. Laut Marcus Völcker, Leiter SBB Informatik, Abteilung Solution Center Infrastruktur, spare die SBB dadurch jährlich 90 GWh an elektrischer Energie, was ungefähr dem Jahresverbrauch von 22'000 Durchschnittshaushalten entspricht. Die grüne Welle soll auf dem gesamten Bahnnetz ab 2014 in Betrieb genommen werden. Getestet wurde sie bereits 2012 und 2013.
Optimierung durch genaue Berechnung
Laut SBB-Informatikchef Peter Kummer gibt es jeden Tag in der Schweiz etwa 2000 ungeplante Halte vor Signalen. Alle zwei Sekunden fährt ein Zug an einem Signal vorbei. Das Schienennetz ändert seinen Zustand so 300 bis 800 Mal pro Sekunde, die SBB-eigene Dispositions-Software verarbeitet 10 000 Meldungen pro Sekunde.
Weil beispielsweise ein Güterzug mit 1600 Tonnen sehr träge reagiert, muss das Geschehen auf dem Schienennetz für die Einführung der «grünen Welle» für mindestens eine Stunde im Voraus prognostiziert werden können. Für die «Fahrverlaufsprognose» eines einzelnen Zuges werden deshalb über 5000 Parameter analysiert - und zwar alle drei Sekunden neu.