Spanien als nächstes Pleite-Opfer

Aktualisiert

EU-SchuldenkriseSpanien als nächstes Pleite-Opfer

Mit dem Portugal-Bankrott wird klar: In der EU haben sich bisher alle Pleite-Prognosen bewahrheitet. Geht es so weiter, ist Spanien an der Reihe.

Sandro Spaeth
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Sandro Spaeth
Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero wehrt sich gegen die Schuldenlast.

Spaniens Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero wehrt sich gegen die Schuldenlast.

Am Ende kam die Nachricht dann doch überraschend: Portugal ist pleite. Am Mittwochabend warf der portugiesische Ministerpräsident José Sócrates nach langem Zögern das Handtuch und bat um internationale Finanzhilfe. Portugiesische Medien sprechen von 90 Milliarden Euro. Die erste Tranche von 22 bis 25 Milliarden dürfte schon Anfang Mai eintreffen.

Nach Griechenland und Irland ist mit Portugal der dritte europäische Staat unter der enormen Schuldenlast zusammen gebrochen. Ökonomen sprechen seit der grossen Schuldenkrise Anfang 2010 von den gefährdeten PIIGS-Staaten: Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien. Setzt sich der Dominoeffekt fort, müsste bald ein weiterer Staat fallen.

«Als nächstes ist Spanien an der Reihe», sagt der emeritierte Wirtschaftsprofessor und Autor des Buches «Staatsbankrott», Walter Wittmann, zu 20 Minuten Online. Die Regierungen würden zwar immer beruhigen, doch dem könne man nicht trauen. Zu beschwichtigen versuchte auch die spanische Wirtschaftsministerin Elena Salgado. Sie wies jegliche «Ansteckungsgefahr» durch die Lage in Portugal von sich. Spanien sei die grössere Volkswirtschaft mit mehr Möglichkeiten als der Nachbarstaat.

Problem: Hohe Neuverschuldung

«Die Situation in Spanien ist noch nicht so akut wie jene in Portugal», sagt Ökonom Felix Brill von der Beratungsfirma Wellershoff & Partners. Es könne aber rasch umschlagen, weshalb auch Spaniens Flucht unter den EU-Rettungsschirm nicht ausgeschlossen sei. Auf einen Zeitpunkt will sich der Ökonom aber nicht festlegen.

Die grosse Sorge Spaniens ist nicht die Gesamtverschuldung. Anders als Portugal, dessen Schuldenstand derzeit bei über 97 Prozent des Bruttoinlandprodukts liegt, erwarteten die Spanier Ende 2011 lediglich einen Schuldenberg von 78 Prozent der Wirtschaftleistung. «Das Problem ist die jährlich steigende Neuverschuldung», sagt Brill. Madrid erwartet für 2011 rund 7 Prozent. Laut EU-Stabilitätspakt sind höchstens 3 Prozent erlaubt.

Spanien braucht Zeit

Brill ortet in Spanien zudem grosse strukturelle Probleme. Die Arbeitslosigkeit ist mit 20 Prozent so hoch wie in keinem anderen EU-Land, die Wirtschaft wächst nur schwach und die Immobilienkrise, die Spaniens Banken an den Rand des Kollaps führte, ist längst nicht ausgestanden. Noch stehen in den Büchern zahlreicher Sparkassen faule Hypothekarkredite. Ein grosses Problem in Spanien ist zudem die hohe Verschuldung der privaten Haushalte, insbesondere im Immobilienbereich. «Die anstehenden Zinsschritte der EZB dürfte die Situation für der Privaten weiter verschärfen», erklärt Brill.

Was Spanien nun dringend braucht, um sich aus der immer enger werdenden Schlinge zu befreien ist Zeit. Ob sie diese allerdings von den Rating-Agenturen erhält, ist laut Brill ungewiss. Sinkt Spaniens Bonität weiter, steigen die Kosten für neue Kredite. «Das könnte zum Auslöser für Spaniens Flucht unter den Rettungsschirm werden», so der Ökonom.

Auf einen Zeitpunkt für Spaneins Flucht unter den Rettungsschirm will sich auch Wittmann nicht festlegen: «Man muss ständig mit einer Pleite rechnen, um nicht davon überrascht zu werden», sagt der Wirtschaftsprofessor lapidar. Der plötzliche Auftritt von Portugals Ministerpräsident Jose Sócrates am Mittwochabend spricht Bände.

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