Teenies bestehlen Eltern, weil sie Schulden haben

Aktualisiert

Experten schlagen AlarmTeenies bestehlen Eltern, weil sie Schulden haben

Weil sie ihre Handyrechnungen oder Online-Einkäufe nicht mehr zahlen können, greifen Jugendliche ins Portemonnaie der Eltern. Diese wenden sich verzweifelt an Beratungsstellen.

von
J. Pfister
Wenn das Sackgeld oder der Lehrlingslohn nicht ausreicht, greifen Junge auch mal zum Portemonnaie der Eltern.

Wenn das Sackgeld oder der Lehrlingslohn nicht ausreicht, greifen Junge auch mal zum Portemonnaie der Eltern.

Die Eltern des 18-jährigen Matthias (Name geändert) wissen nicht mehr weiter. «Unser Sohn kann mit seinem Lehrlingslohn überhaupt nicht umgehen. Jeden Monat ist er schon in der ersten Woche pleite. Danach werden wir bestohlen, er bedient sich einfach so aus unserem Portemonnaie. Wir haben das schon mit ihm besprochen, aber er nimmt keinen Rat an.»

Matthias ist kein Einzelfall. Wie eine Auswertung der Pro Juventute-Elternberatung Eltern Club Schweiz über zwölf Monate ergeben hat, ist das Klauen von Jugendlichen bei den Eltern ein häufiger Anfragegrund. «Sicher haben Teenager auch früher schon mal eine 10er-Note aus dem Portemonnaie geklaut, um sich etwas Kleineres zu kaufen - heute kommt es aber vor, weil sie Schulden haben», sagt Daniela Melone, Leiterin Beratung des Eltern Clubs. Die Schulden würden teilweise mehrere Tausend Franken betragen.

«Eltern sind nicht damit aufgewachsen»

Als Gründe für diese Entwicklung nennt Melone den Konsum, der in der heutigen Gesellschaft einen höheren Stellenwert habe und leichter zugänglich sei. Ausserdem würden Jugendliche keinen bewussten Umgang mehr mit Geld lernen, weil sie beispielsweise beim Online-Shopping mit der Bankkarte bezahlen können. «Die Eltern sind nicht mit solchen Verlockungen aufgewachsen und wissen deshalb oft nicht so recht, wann sie mit ihren Kindern über das Thema Geld reden müssen», so Melone.

Die Expertin rät den Eltern, mit den Kindern ein ruhiges Gespräch zu führen. «Dabei sollte es in erster Linie darum gehen, den Jugendlichen und die Situation zu verstehen.» Nur so könne man nach Lösungen suchen. Allerdings müssten die Eltern auch klar aufzeigen, wie sie sich dabei fühlen, wenn sie beklaut werden und auch allfällige Konsequenzen wie die Streichung des Taschengelds nennen. Dass es gar zu einer Anzeige kommt, ist laut Peter Baumann von der Jugendstaatsanwaltschaft St.Gallen zwar selten, doch es kommt vor. «Die Hemmschwelle, dass Eltern ihre eigenen Kinder wegen Diebstahl belangen, ist aber sehr hoch.»

Erziehungsprobleme als Tabuthema

Melone empfiehlt Eltern, sich statt der Justiz besser Fachpersonen anzuvertrauen. Doch bisher würde dies nur selten gemacht. «Während frischgebackene Eltern sich nicht schämen, Hilfe zu holen, weil etwa das Baby die ganze Nacht schreit, sind die Erziehungsprobleme von Kindern in der Pubertät leider oft ein Tabuthema.» Um Eltern diesen Schritt zu erleichtern, startet Pro Juventute zusammen mit dem Eltern Club Schweiz heute eine nationale Sensibilisierungskampagne (siehe Box).

Kampagne «Elterklappe»

Kampagne «Elterklappe»

Pro Juventute startet am Mittwoch eine nationale Sensibilisierungskampagne zum Thema Pubertät. Die Kampagne will die Herausforderung für Eltern von Teenagern enttabuisieren, so dass Eltern sich getrauen, Hilfe zu suchen und wissen, wo sie diese bekommen. Denn oftmals würden die Teenager die Eltern in dieser Zeit einfach entsorgen wollen. Damit die Eltern nicht ungewollt in der «Elternklappe» landen, können sie sich beim Eltern Club Schweiz beraten lassen. Videoclips, Inserate, Facebook und die Onlineplattform informieren Eltern über die Unterstützungsservices. Zudem erhalten sie rund um die Uhr in der ganzen Schweiz eine telefonische Beratung. (jep)

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