Legale Buchhaltungs-TricksUS-Firma spart Schweizer Steuern in Milliardenhöhe
Der US-Konzern GE, zu dem auch die Alstom-Werke gehören, hat Gewinne aus der Schweiz unter anderem nach Ungarn verschoben. Um Steuern zu sparen.
Der Schweiz dürften bis zu 1,5 Milliarden Franken an Steuereinnahmen entgangen sein: Durch das legale Verschieben von Gewinnen aus den Alstom-Werken 2015. Alt-Bundesrat Joseph Deiss war zu jener Zeit noch in der Geschäftsleitung von GE Schweiz. Der US-Konzern General Electric hatte Alstom mit seinen fünf Schweizer Standorten übernommen und soll Ende 2015 seine Gewinne in der Schweiz durch interne Firmenverkäufe und -käufe unter anderem nach Ungarn um etliche Milliarden geschmälert haben, wie es in einem Bericht des «Tages-Anzeigers» vom Montag heisst.
Internationale Konzerne können ihre Gewinne in Europa zwischen Tochterfirmen hin- und herschieben, bis sich der zu versteuernde Betrag auf nahe null beläuft oder der Gewinn in einem Land mit günstigen Steuersätzen anfällt. Die Unternehmenssteuerreform III, über die am 12. Februar abgestimmt wird, würde an dieser Praxis nichts ändern.
Verkauf der Patentrechte
Konkret hatte GE seine Aargauer Tochterfirma GE Energy Switzerland an die GE Hungary für den Zeitraum einer Stunde an Ungarn verkauft. Für 40'000 Franken. Kurz darauf wurde sie an die holländische GE Energy Europe zurückgekauft – für 6,4 Milliarden Franken. Zugleich übernahm die Schweizer Tochter von der ungarischen Einheit für den Preis von 8,1 Milliarden Franken die Rechte an Patenten und Kundendateien. Wären diese gut 8 Milliarden in der Schweiz geblieben und hätten versteuert werden müssen, hätte GE an Bund, Kanton und Gemeinden Steuern von bis zu 1,5 Milliarden Franken zahlen müssen.
In Ungarn wurde im Sommer 2015 eine besondere Steuererleichterung für ausländische Konzerne beschlossen. Laut der ungarischen Rechercheplattform Atlatszo, auf die sich der Bericht des «Tages-Anzeigers» bezieht, dürfte GE seine nach Ungarn verschobenen Schweizer Gewinne höchstens mit 2 Prozent versteuert haben. Gewinne aus dem Verkauf geistigen Eigentums (dazu zählen unter anderem Patente) werden in Ungarn besonders gering besteuert.
Kein Kommentar von Alt-Bundesrat Deiss
Der Konzern GE sowie auch Alt-Bundesrat Deiss geben laut der Zeitung keinen Kommentar zu den Recherchen ab.
Im Zuge der Übernahme von Alstom hatte GE insgesamt 900 Arbeitsplätze an den Schweizer Standorten gestrichen. Zugleich gründete der Konzern jedoch neue Firmen: Er liess mindestens zehn Firmen mit dem Kürzel GE in Baden registrieren, wie der «Tages-Anzeiger» weiter schreibt. Geschäftsführer dieser Firmen ist demnach Ernst Frederik Kraaij, ein niederländischer Steuerexperte, der vom Beratungskonzern Ernst & Young kam.