Und sie buchen eben doch

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IndividualreisenUnd sie buchen eben doch

Wer denkt, Reisebüros brauche kein Mensch, könnte sich getäuscht haben: Globetrotter hat 2010 das beste Ergebnis der Firmengeschichte erzielt.

Alex Hämmerli
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Alex Hämmerli

Jung und schräg, verfilzt und langhaarig – so konnte man das typische Klientel von Globetrotter früher beschreiben. Mittlerweile ist das auf Individualreisen ausgerichtete Unternehmen aber erwachsen geworden. Heute ist Globetrotter der viertgrösste Reiseanbieter in der Schweiz; hinter Kuoni, Hotelpan und Tui Suisse. 154 Millionen Franken Umsatz machte Globetrotter 2010: Es ist das beste Ergebnis der Firmengeschichte.

Ein weiterer Rekord: Erstmals reisten über 70 000 Leute mit Globetrotter. Das sind 6,6 Prozent mehr als 2009. Und es zeigt: Schweizer reisen nicht nur öfter individuell, sondern auch teurer. Denn der Umsatz nahm in der gleichen Zeit um über 9 Prozent zu. «Das hat einerseits mit den gestiegenen Kosten zu tun, andererseits leisten sich die Leute aber auch wieder mehr», sagt André Lüthi, Chef von Globetrotter.

Reisen statt Aktien

Vor allem ältere Kunden ab 60 Jahren würden ihr Geld «statt in unsichere Finanzanlagen» lieber in eine schöne Reise investieren, so Lüthi. «Da hat man ohnehin mehr davon.» Er nennt das «eine positive Folge der Finanzkrise»: Man brauche das Geld nun wieder zum Leben.

Am stärksten zugenommen hat bei Globetrotter die Lust aufs Reisen aber bei den 45- bis 60-Jährigen. «Sie suchen immer häufiger nach Baukasten-Angeboten.» Gemeint ist damit, dass man die Ferien nach den eigenen Wünschen zusammenstellen lassen kann – und dabei auf das Fachwissen der Berater zurückgreift: «Bei uns arbeitet keiner, der nicht mindestens drei Kontinente kennt», betont Lüthi. Und: Seine Mitarbeiter machen pro Jahr 8 bis 12 Wochen Ferien, manche noch länger. Das sei wichtig, damit man den Kunden «Geheimtipps» geben könne. Damit hebe man sich schliesslich von den anderen Reise-Anbietern ab.

Kunden wollen Exotik

Dieser Service kostet: Bei einer 2000-Fränkigen Reise zahle man für die Beratung und Buchung etwa 150 bis 200 Franken drauf, schätzt Lüthi. Im Schnitt seien es wohl um die 8 Prozent. Klar, dass man daher insbesondere bei einfachen Städtereisen in Europa nicht auf Globetrotter zurückgreift: «Dieses Geschäft ist längst ins Internet abgewandert.» Der grösste Reisemarkt für Globetrotter sei Ozeanien, also das Inselgebiet um Neuseeland und Neu Guinea. «Unsere Kunden wollen exotische Länder bereisen», erklärt Lüthi.

Reisen abseits von der üblichen Routen

Der Geschäftsführer erkennt im Rekordergebnis seines Unternehmens einen gesellschaftlichen Trend. «Die Leute wollen sich auch bei ihren Reisen vom Mainstream loslösen. Sie wollen selber bestimmen, wann es wohin geht – und mit wem.» Schliesslich komme es bei konventionellen Pauschalen nicht selten vor, dass man mit einer Gruppe reise, die einem nun gar nicht passt.

Damit entspricht das Konzept von Globetrotter immer noch dem des Firmenvaters Walter Kamm. Der Journalist und Weltreisende gründete Globetrotter Travel Service 1976. Sein Erfolgsrezept waren einerseits die für damalige Verhältnisse tiefen Flugbillet-Preise, andererseits die eingehende Beratung für anspruchsvolle Weltenbummler.

Nachfrage zieht weiter an

Viel Potenzial sieht Lüthi im neuen Geschäftsfeld Sportreisen. Im letzten Jahr habe man sämtliche Reisen für Swiss Olympic organisiert. Damit habe man zwar nicht viel verdient, aber so mancher Sportklub-Leiter möge sich nun denken: «Wenn die unsere Olympioniken befördern können, wird das bei unserem Klub-Urlaub wohl auch klappen.»

Bei Globetrotter sieht man zuversichtlich in die Zukunft: «Die Nachfrage wird weiter zunehmen», sagt Lüthi. Er rechnet fürs laufende Jahr mit 5 bis 8 Prozent mehr Umsatz. Im Frühling eröffnet das Unternehmen eine weitere Filiale in Rapperswil. Damit hat Globetrotter dann 22 Niederlassungen in der Deutschschweiz. Das Unternehmen beschäftigt derzeit 240 Mitarbeiter.

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