Schwere VorwürfeVerdient Glencore an dieser Horror-Mine mit?
Der Zuger Rohstoffgigant weist die schweren Vorwürfe wegen Kinderarbeit und Umweltverschmutzung zurück. Bilder des Westschweizer Fernsehens und der BBC zeichnen aber ein anderes Bild.
Die Vorwürfe sind happig: Der weltweit grösste Rohstoffhändler Glencore mit Sitz in der Schweiz soll in der Demokratischen Republik Kongo Menschenrechte und Umweltschutz missachten. Dies behaupten die Nichtregierungsorganisationen (NGO) «Brot für alle» und «Fastenopfer» in einem aktuellen Bericht. Das Westschweizer Fernsehen und die britische BBC haben die Vorwürfe gemeinsam vor Ort überprüft.
In der aktuellen Ausgabe der Sendung «Mise au Point» steht RTS-Reporter Marc Allgöwer vor dem Luilu-Fluss in der rohstoffreichen Provinz Katanga, in den die Glencore-Tochter KCC unbehandelte Schwefelsäure leitet, die sie für die Herstellung von Kupfer-Kathoden verwendet. Vor laufender Kamera lässt er eine Wasserprobe entnehmen, die später in einem Labor in Bern analysiert wurde. Resultat: Extrem tiefer PH-Wert und drei- bis viermal höhere Metallkonzentrationen als erlaubt. «In diesem Fluss gibt es keine Fische mehr», sagt Alphonse Makula von einer lokalen NGO.
«Problem gelöst», aber für wie lange?
Glencore behauptet in einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme, keine Abwasser mehr in den Luilu-Fluss zu leiten. Beigelegt ist eine Aufnahme von vergangener Woche (siehe Bildstrecke oben), auf der tatsächlich nur noch ein Rinnsal zu sehen ist. Chantal Peyer von Brot für alle, die für den Bericht vor Ort recherchierte, bestätigt, dass Glencore die massive Verschmutzung des Luilu-Flusses gestoppt hat. Sie ist trotzdem skeptisch: «Glencore hätte dieser Pflicht schon vor einem Jahr nachkommen sollen», sagt sie zu 20 Minuten Online. Ausschlaggebend waren wohl die Recherche der Schweizer NGOs und die Reportage der BBC, und nicht echte Einsicht, so Peyer.
Sie zweifelt auch an der Nachhaltigkeit der Lösung: «Wir haben bisher keine technischen Spezifikationen gesehen», sagte sie. Das verschmutzte Wasser landet momentan anstatt im Fluss in einem Auffangbecken. Ob das so bleibt, wenn der Druck auf das Unternehmen nachlässt, ist unklar. Ausserdem gelte es nach wie vor, den verschmutzten Fluss zu dekontaminieren.
Kinderarbeit über sieben Ecken?
Auch dem Vorwurf der Kinderarbeit in der Kupfermine Tilwezembe, die Glencore besitzt, aber angeblich nicht ausbeutet, sind die Filmer nachgegangen – mit versteckter Kamera. Sie fanden abenteuerliche Schächte und minderjährige Arbeiter. Der 17-jährige William etwa möchte hier nach dem Tod seines Vaters genug Geld verdienen, um wieder zur Schule gehen zu können. Bei einem Lohn von vier Franken pro Tag unmöglich. Er berichtet von zahlreichen Todesfällen. In 30 bis 40 Metern Tiefe sterben die ungesicherten Teenager entweder an Sauerstoffmangel, oder sie werden bei Einstürzen erschlagen.
Glencore-Konzernchef Ivan Glasenberg verneint im Beitrag zunächst vehement, dass sein Unternehmen Kupfer aus Tilwezembe weiterverarbeitet. Doch die Filmer verfolgten die Säcke mit dem von Kinderhänden abgebauten Kupfererz während Tagen und landeten bei der libanesischen Groupe Bazano, einem Zwischenhändler. Das Schweizer Fernsehen ist offenbar im Besitz von Frachtpapieren, die zeigen, dass die Ware von dort über Umwege an die Glencore-Tochter Mopani im benachbarten Sambia gelangt. Somit würde das Zuger Unternehmen mit Kinderarbeit Geld verdienen.
Mit diesen Informationen konfrontiert, wird Glasenberg zunehmend defensiv: «Wenn das stimmt, dann profitieren wir tatsächlich von Kinderarbeit. Aber unsere Kontrollmechanismen sind so gut, dass so etwas nicht passieren kann. Ich kann mir nicht vorstellen, wie so etwas möglich wäre.» Ein überzeugtes Dementi klingt anders.
Die Kupfermine Tilwezembe:

Sendehinweis SF1, 21:50: Die Glencore-Praktiken in der Demokratischen Republik Kongo sind am Montag Thema in 10vor10.