Branche unter DruckViele Industrie-Lehrstellen bleiben unbesetzt
Die Berufslehre wird immer unbeliebter. Das beklagt vor allem die Industrie. Schuld am Dilemma sind auch die Eltern von Jugendlichen, heisst es beim Branchenverband Swissmem.

Jugendliche interessieren sich immer seltener für eine Lehre in der Industrie. (KEYSTONE/Martin Ruetschi)
Innert weniger Jahre hat sich die Lage bei der Berufslehre immens verschärft. Vor allem die Maschinenbau-, Elektro- und Metallindustrie leidet: In dieser Branche bleiben 5 bis 7 Prozent der Lehrstellen unbesetzt. Einen solchen Mangel an Lehrlingen habe es noch vor fünf Jahren nicht gegeben, sagt Hans Hess, Präsident des Branchenverbands Swissmem.
Ein Grund für die vielen leeren Ausbildungsplätze ist das Bild der Lehre in den Köpfen der Eltern von Jugendlichen. «Sie denken, dass ihre Kinder nur dann einen erfolgreichen Berufsweg gehen können, wenn sie eine akademische Ausbildung antreten», so Hess. Darum müssten Eltern überzeugt werden, dass auch eine Berufslehre für ihre Kinder von Vorteil sein könne.
Firmenchef mit Berufslehre
Der Ball liegt nun bei den Unternehmern. Geht es nach dem Swissmem-Präsident, müssen sie in die Offensive gehen und die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass nicht nur Matura und Studium Türöffner für eine erfolgreiche Karriere sind.
Die Industrie brauche etwa 10 Prozent Akademiker und 15 bis 20 Prozent Abgänger von Fachhochschulen, sagte Hess. Die übrigen Mitarbeiter kämen mit einer Fachausbildung aus den Berufslehren in die Unternehmen. Ein Firmenchef mit Berufslehre sei keine Seltenheit.
Nicht nur für Männer
Ein weiters falsches Bild in der Öffentlichkeit ist laut Hess, dass Industrietätigkeiten schmutzig und nur etwas für Männer sind. Der Swissmem-Präsident entgegnet: «99 Prozent der Berufe können genauso von Frauen ausgeübt werden wie von Männern.»
Zudem sei sich die Gesellschaft zu wenig bewusst, wie durchlässig das Ausbildungssystem sei und dass Anschlussausbildungen auch in Hochschulen möglich seien. Auf dem Land sei die Berufslehre noch mehr verankert als in den Städten. Zuwanderer würden zudem das duale Bildungssystem der Schweiz zu wenig kennen und ihre Kinder automatisch auf Mittelschulen schicken. Auch da sei Aufklärung durch die Industrie nötig.