Warum die Efta plötzlich wieder hoch im Kurs ist

Publiziert

Alternative zur EUWarum die Efta plötzlich wieder hoch im Kurs ist

Nach dem Brexit liebäugeln die Briten wieder mit einer Mitgliedschaft in der Efta. Welche Vorteile hätte das für die Schweiz?

K. Wolfensberger
von
K. Wolfensberger

Wie der Brexit genau vonstatten gehen und was danach passieren soll, ist unklar. Eine viel diskutierte Möglichkeit wäre ein Beitritt Grossbritanniens zur Europäischen Freihandelsassoziation (Efta). Die Schweiz ist eines von vier Efta-Mitgliedern. Sie müsste bei einem etwaigen Beitritt der Briten also ihren Segen geben.

Was ist die Efta?

Die Efta wurde 1960 mit dem Ziel gegründet, die wirtschaftliche Integration ihrer Mitglieder zu fördern, ohne eine vertiefte politische Union anzustreben. Sie sollte ein Gegengewicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) bilden, der heutigen EU. Gründungsmitglieder waren Dänemark, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, die Schweiz und Grossbritannien. Es folgten Finnland (1986), Island (1970) und Liechtenstein (1991).

Wieso hört man fast nichts mehr von der Efta?

Die EU kreierte mit dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 1992 eine Freihandelszone zwischen ihren Mitgliedsstaaten und der Efta. «Die Efta-Staaten sollten die Möglichkeit erhalten, sich der EU ohne Beitritt anzunähern», so der HSG-Politikwissenschaftsprofessor Patrick Emmenegger. Grossbritannien, Schweden, Österreich, Portugal, Dänemark und Finnland traten der EU trotzdem bei. In der Efta verblieben nur die Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island. Das verringerte die Bedeutung des Blocks massiv. Ausser der Schweiz traten daher alle Efta-Länder dem EWR bei.

Wie wahrscheinlich ist ein Wiedereintritt Grossbritanniens in die Efta?

Wie es mit Grossbritannien nun weitergeht, ist unklar. Ein Befürworter des Wiedereintritts des Landes in die Efta ist Carl Baudenbacher, der Präsident des Efta-Gerichtshofs. Sein Argument laut NZZ: Treten die Briten der Efta bei, könnten sie mit der EU einen erweiterten EWR inklusive Mitbestimmung aushandeln. Der EWR böte dann Zugang zum EU-Binnenmarkt, aber ohne politische Integration. Für die Schweiz wäre ein solcher EWR attraktiv, so Baudenbacher.

Wie würde die Schweiz von einem britischen Efta-Beitritt profitieren?

Die Schweiz hat ein Interesse an einer britischen Efta-Rückkehr, um der Organisation wieder mehr Gewicht zu geben, so HSG-Professor Emmenegger. Allein sei die Schweiz wirtschaftlich zu klein, um gegen die EU eine starke Verhandlungsposition zu haben. «Dank Grossbritannien würde die Verhandlungsmacht des Blocks wieder steigen.»

Wie sollte die Schweiz vorgehen?

Für die Schweiz wäre der englische Einstieg in die Efta wertvoll, damit sie einen Partner im Umgang mit der EU hat. Mit dieser liegt sie wegen der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative im Clinch. Emmenegger rät bezüglich dieser Umsetzung aber von einem «zu raschen Vorpreschen der Schweiz auf Würgen und Brechen» ab. Vielmehr sollte sie abwarten, bis Bewegung in den Brexit-Prozess kommt. Zum richtigen Zeitpunkt sollte das Land dann einen guten Deal zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative aushandeln.

Was passiert, wenn die Briten der Efta und dem EWR nicht beitreten?

Alt-SP-Nationalrat Ruedi Strahm plädiert in einem solchen Fall für Gelassenheit. Im «Tages-Anzeiger» schreibt er, dass durch globale Spielregeln, die sich hinter Kürzeln wie WTO, Gats, Trips, FSB und OECD verstecken, auch ohne die EU grosse Teile des internationalen Wirtschaftsverkehrs geregelt seien.

Wie stark sind die Efta-Staaten wirtschaftlich im Vergleich mit der EU?

Die Efta-Staaten befinden sich nicht nur in Europa, sondern weltweit wirtschaftlich in einer guten Position. Vergleicht man zum Beispiel die Erwerbslosenquote, so befinden sich Island* (4,0 Prozent), Norwegen (4,4 Prozent) und die Schweiz (4,6 Prozent) auf dem Niveau von EU-Spitzernreitern wie Deutschland (4,6 Prozent), Tschechien (5,1 Prozent) oder Grossbritannien (5,3 Prozent). Sie heben sich deutlich von den EU-Schlusslichtern Griechenland (25 Prozent) und Spanien (22 Prozent) ab.

*Zahlen von der ILO (2015).

Deine Meinung zählt