Verärgerte KundenBeschwerden wegen Salt-Rechnungen häufen sich
Falsche Rechnungen, erfolglose Kündigungen: Immer mehr Kunden beschweren sich über den Service bei Salt.
Schon wieder erhielt der ehemalige Salt-Kunde Michael K.* Post von seinem alten Telecom-Anbieter: «Wir heben den Vertrag aufgrund Zahlungsverzugs auf. Folglich werden wir Ihnen gemäss Abonnementsvertrag die vorgesehene Gebühr für vorzeitige Vertragsauflösung in Rechnung stellen.» Dabei gibt es längst keinen Vertrag mehr. Den hatte K. Anfang Jahr regulär gekündigt.
Bereits vor einem Monat hatte der ehemalige Kunde Mahnungen erhalten, weil er dem Anbieter eine Rechnung über 0 Franken nicht bezahlt hätte. Salt betont sowohl gegenüber K. als auch 20 Minuten, dass der Kunde die Mahnung und auch das neue Schreiben als nichtig betrachten könne.
Dauernd Probleme bei Salt
Mit ähnlichen Ärgernissen wie Michael K. sind derzeit viele 20-Minuten-Leser, die bei Salt Kunden sind oder waren, konfrontiert. Obwohl Ex-Kunde Christian F.* seinen Vertrag per April gekündigt hatte, flatterten danach nochmals zwei Salt-Rechnungen ins Haus – und in diesen Tagen eine Androhung auf Vertragsauflösung. Mehrfach musste F. den Kundendienst kontaktieren: «Man sagte mir jeweils, ich hätte korrekt gekündigt, aber das Abo sei trotzdem noch aktiv.»
Einer anderen Kundin, die sich bei 20 Minuten gemeldet hat, ist schon zweimal wegen Mahnungen das Handy gesperrt worden – obwohl gar keine Rechnung offen war. Der Tenor bei den betroffenen Lesern: Beim Kundendienst von Salt herrscht Chaos.
«Salt bekommt die Probleme nicht in den Griff»
Das sieht auch Telecom-Experte Ralf Beyeler vom Vergleichsdienst Moneyland.ch so: «Salt hat extrem viele Probleme mit dem Service und bekommt sie einfach nicht in den Griff», sagt er zu 20 Minuten. Auch er höre dauernd Geschichten von Kunden, bei denen etwa Rechnungen nicht stimmten oder Vertragsänderungen nicht korrekt verarbeitet wurden. Andere Telecom-Anbieter hätten allerdings ähnliche Probleme, räumt Beyeler ein.
Laut dem Experten kommt es vor allem zu Pannen, weil die Anbieter oftmals zu wenig in ihre digitalen Service-Systeme investierten. «Sie implementieren eine halbfertige Lösung und müssen die dann mit einem Hack nach dem anderen aufbessern.» Dadurch sei der Kundendienst schnell mal überfordert.
Eine Lösung wäre laut Beyeler, mehr Geld in das System zu stecken und es länger zu testen. Darauf entgegnet ein Sprecher von Salt, man habe in den letzten Jahren bereits viel in den Kundendienst investiert (siehe Box).
Auslagerung trägt zum Problem bei
Laut Telecom-Experte Beyeler hilft es auch nicht, dass der Kundendienst vieler Anbieter grösstenteils im Ausland sitzt. Im Fall von Salt seien die meisten Service-Mitarbeiter in Portugal. «Beim Kundendienst im Ausland gibt es alle möglichen Probleme, etwa niedrige Löhne, fehlende Motivation und Mentalitätsunterschiede», so Beyeler. Die Lösung sei simpel: den Kundendienst zurück in die Schweiz holen.
*Name der Redaktion bekannt
Das sagt Salt
«Das Problem mit den Rechnungen über 0 Franken ist Salt bekannt und befindet sich aktuell in Behebung», sagt ein Sprecher von Salt zu 20 Minuten. Dahinter stecke ein Systemfehler, der im Zusammenhang mit einer IT-Umstellung vom 10. Februar stehe. Ob andere Probleme ebenfalls mit der Umstellung zu tun hätten, könne die Firma ohne Untersuchung der einzelnen Fälle nicht sagen. «Die aufgetretenen Probleme bedauern wir und wir entschuldigen uns bei den betroffenen Kunden für die Umtriebe», so der Sprecher.

Kurt Ackermann ist Dozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Experte für Kundenbeziehungen. (Bild: zVg)
Herr Ackermann, trägt die Automatisierung zu Systemfehlern bei?
Das ist denkbar. Viele Firmen stellen jetzt auf digitalen Service um und haben dabei unter Umständen Startschwierigkeiten. Wenn diese Kinderkrankheiten überwunden sind, dürften die digitalen Systeme Kunden aber Vorteile bieten – es geht also nicht nur ums Geldsparen.
Was, wenn ich eine fragwürdige Rechnung erhalte?
Bezahlen Sie das nicht. So viel Aufwand dürfte es nicht sein, die Sache aufzuklären.
Kann es sein, dass Telecom-Anbieter gerade bei den Ex-Kunden versuchen, noch was rauszuholen?
Das halte ich für unwahrscheinlich. Es handelt sich wohl eher um Fehler. Im Moment, wenn jemand kündigen will, ist es aber schon so, dass Firmen versuchen, das zu verhindern. Das mag nerven, kann aber auch eine Chance sein.
Warum?
Gerade die Telecom-Anbieter lassen mit sich reden und sind bereit, spezielle Angebote zu machen, damit die Kunden bleiben. Da können sie sich oft einen guten Deal aushandeln.