SNB-EntscheidWer von der Aufhebung des Mindestkurses profitiert
Ein Grossteil der Wirtschaft jammert über die Freigabe des Franken-Kurses durch die Nationalbank. Doch es gibt auch Profiteure.

Schweizer Einkaufstouristen im Shoppingcenter Lago in Konstanz.
Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften jammern, Ökonomen sind schockiert, die Finanzmärkte reagieren panisch: Der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den Franken-Mindestkurs gegenüber dem Euro nicht mehr zu verteidigen, hat wie eine Bombe eingeschlagen.
Der Tenor ist weitgehend negativ: Die Arbeitnehmerverbände befürchten den Verlust von Jobs, während die exportierenden Unternehmen um ihre Geschäfte bangen. Die Tourismus- und die Hotelbranche haben Angst vor einem weiteren Schwund ausländischer Gäste.
Doch es gibt auch Wirtschaftszweige und Personen, die vom überraschenden SNB-Entscheid profitieren. 20 Minuten zählt die wichtigsten auf:
• Einkaufstouristen: Die Freigabe des Franken-Kurses ist ein weiterer Anreiz für Schweizer Schnäppchenjäger, zum Einkaufen über die Grenze zu fahren. Da der Euro gegenüber dem Franken jetzt noch billiger ist, werden die Waren in Deutschland, Österreich oder Frankreich massiv günstiger – um rund 20 Prozent.
• Geschäfte im Euroraum: Dementsprechend richten sich grenznahe Händler auf einen Ansturm von Schweizer Konsumenten ein. Peter Herrmann, Center-Manager im Konstanzer Einkaufzentrum Lago, rechnet bereits für dieses Wochenende mit einer massiven Zunahme an Schweizer Kunden: «Wir erwarten ein Plus von 10 Prozent», sagte Herrmann zu 20 Minuten.
• Reisende: Profitieren von der Aufhebung des Wechselkurses können auch Schweizer, die in den Euro-Raum reisen oder dort Ferien machen. Ihr Portemonnaie wird durch den tieferen Euro-Franken-Kurs deutlich weniger belastet.
• Grenzgänger: Ebenso freuen über den SNB-Entscheid dürften sich Angestellte, die einen Job in der Schweiz haben, aber im Euroland wohnen. Für sie kommt der neue Wechselkurs einer Lohnerhöhung gleich, weil sie ihr Salär in Franken erhalten, das meiste Geld aber in ihrem Heimatland in Euro ausgeben.
• Importeure: Für Unternehmen, die Waren aus der Eurozone in die Schweiz einführen, ergibt die Aufhebung des Mindestkurses den Vorteil, dass sie Waren zu einem günstigeren Preis kaufen können. Andreas Burgener, Direktor der Importvereinigung Auto-Schweiz, sieht aber auch Nachteile für seine Branche: «Bereits bestellte Ware verliert durch den tieferen Wechselkurs an Wert.»
• Ausländische Exporteure: «Die Situation der ausländischen Firmen, die in die Schweiz exportieren, verbessert sich», sagt Ralf Bopp, Direktor der Handelskammer Deutschland Schweiz. Zu den Gewinnern gehörten ausländische Anbieter von Maschinen, Elektronik, industriellen Anlagen und die Zulieferindustrie. Ob eine Schweizer Firma unter der Aufhebung des Mindestkurses tatsächlich leiden werde oder ausländische Anbieter jetzt tatsächlich profitieren, hänge aber auch davon ab, ob in den Verträgen ein festgelegter Kurs vereinbart worden sei oder nicht.