Wie Rohstoffmultis die Metallpreise manipulieren

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Rohstoff-DealsWie Rohstoffmultis die Metallpreise manipulieren

Die Fusion von Glencore und Xtrata ist abermals vertagt. Derweil wird der Vorwurf der Preismanipulation an die Adresse der Rohstoffgiganten immer lauter.

von
Sven Zaugg
Demonstranten stehen am Dienstag, 20. November 2012, vor dem Casino Zug, wo die ausserordentliche Generalversammlung von Glencore und Xstrata stattfindet.

Demonstranten stehen am Dienstag, 20. November 2012, vor dem Casino Zug, wo die ausserordentliche Generalversammlung von Glencore und Xstrata stattfindet.

Es hätte die Elefantenhochzeit des vergangenen Jahres werden sollen. Doch Die Fusion zwischen den Rohstoffriesen Glencore und Xstrata verzögert sich weiter. Statt Ende Januar rechnet Glencore nun mit dem Abschluss der Transaktion bis zum 15. März. Als Grund für die Verschiebung nannte der in Baar ansässige Rohstoffkonzern in einer Mitteilung vom Freitag, dass noch die Genehmigung der Behörden in China und Südafrika ausstehe.

Glencore und Xstrata hatten sich im Februar auf den Zusammenschluss geeinigt. Nach monatelangen Verhandlungen stimmten die Aktionäre von Xstrata und Glencore im November der 36 Milliarden Dollar schweren Übernahme zu. Noch im gleichen Monat erteilte die EU-Kommission dem Geschäft ihren Segen.

Gefährlicher Trend in der Rohstoffbranche

Der geplante Zusammenschluss ist der grösste in der Branche seit 2007. Mit dem neuen Unternehmen würde der weltweit erste vollintegrierte Rohstoffriese entstehen, bei dem die gesamte Wertschöpfungskette vom Abbau über den Handel bis hin zu Lagerung und Transport unter einem Firmendach konzentriert ist.

Dass die Fusion nicht nur auf Zustimmung stösst, haben die letzten Monate eindrücklich gezeigt. Im Buch «Rohstoff – Das gefährlichste Geschäft der Schweiz» widmet die Nichtregierungsorganisation (NGO) Erklärung von Bern (EvB) Glencore gleich ein ganzes Kapitel und übt darin harsche Kritik an den Geschäftspraktiken des Rohstoffgiganten.

Unterstützung erhält die EvB aktuell von der Heinrich Böll Stiftung, der parteinahen Organisation von Bündnis 90/Die Grünen. Autor Peter Kreysler kommt in seiner Analyse zum Schluss, dass sich «ein gefährlicher Trend in der Rohstoffbranche fortsetzt: Immer weniger multinationale Konzerne dominieren immer grössere Marktsegmente im Rohstoffabbau- und Handel».

Lagerbestände treiben Kupferpreis an

Kreyslers Kritik: Rohstoffgiganten wie Glencore manipulieren die Metallpreise, um kleinere Händler in den Ruin zu treiben. Als Grundlage für seine These dienen ihm die Aussagen des englischen Kupferexperten Simon Hunt, der sich die Frage stellte: Wie kann es sein, dass der Kupferpreis seit Jahren sehr hoch ist, obwohl rezessionsbedingt keine wirklich grosse Nachfrage der Metallindustrie besteht?

Die Vorräte würden einfach nicht an die London Metall Exchange (LME) gemeldet – sind also auf dem weltweiten Metallmarkt somit nicht vorhanden. Es entstehe eine künstliche Angebotsverknappung, was zu einer Preissteigerung führe, so Hunts Antwort. Diese Problematik des Lagerüberschusses treffe auf den gesamten Rohstoffsektor zu.

Kein Interesse an Manipulationen

Inzwischen wird der zu Spekulationszwecken angehäufte weltweite Kupferberg auf fünf Millionen Tonnen geschätzt, das sind rund 25 Prozent des jährlichen Weltbedarfs. Und bereits ist die Spekulation auf Rohstoffpreise, die hauptsächlich von Investmentbanken und Indexfonds betrieben wird, ein grösseres Geschäft als der tatsächliche Handel mit Rohstoffen.

Heiner Flassbeck, Direktor der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD), berichtet, dass zurzeit 400 Milliarden US Dollar im «Spekulationsmarkt» stecken.

Carsten Menke, Rohstoff-Analyst bei der Bank Julius Bär, sind solche Schätzungen nicht bekannt und erscheinen ihm zu hoch. «Aus unserer Sicht kann Spekulation zwar kurzfristig auf die Preise einwirken, langfristig werden sie aber von Angebot und Nachfrage bestimmt.»

Der Analyst sieht andere Gründe für den Höhenflug des Kupferpreises: «Bei diesem Metall konnte die Produktion in den letzten Jahren nicht in dem Masse gesteigert werden, wie es der Markt erwartet hatte.» Das habe den Preis hochgehalten.

Zudem findet laut Menke der grosse Teil des Kupferhandels gar nicht über die LME statt, sondern wird direkt zwischen den Handelspartnern abgewickelt. «Rohstoffhändler haben kein Interesse daran, die Rohstoffmärkte zu manipulieren. Vielmehr profitieren sie von regionalen Preisunterschieden», erklärt Menke im Gespräch mit 20 Minuten Online.

Glencores Deal mit der EU

Für Urs Rybi, Rohstoff-Spezialist bei der Erklärung von Bern ist die Aussage Menkes «in ihrer Absolutheit nicht plausibel»: «Opportunitäten für Händler entstehen bei Ausnutzung von Preisgefällen und richtiger Vorhersage von Preisentwicklungen. Und es kann für Händler verlockend sein, da etwas nachzuhelfen», sagt Rybi im Gespräch mit 20 Minuten.

Laut Rybi wird die Schweizer Rohstoffbranche tatsächlich von einer handvoll sehr grosser Akteure dominiert, die in der Öffentlichkeit erst langsam bekannt werden. «Glencore beispielsweise hat bei Zink eine solch starke Marktstellung, dass die Firma der EU den Abstoss von einigen Anlagen versprach, um die Zustimmung zur Fusion mit Xstrata zu erhalten.»

Rohstoffkonferenz: Die Schweiz ist gefordert

klare Vorschläge zum Kampf gegen Steuerflucht, Korruption und Geldwäscherei enthalten.

Transparenz-Pionieren anzuschliessen oder als eines der wenigen Länder übrig zu bleiben, in denen Geheimniskrämerei herrsche, sagte van Riet. (sza)

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