NespressoWie Nestlé sein Kapselimperium schützt
Drei Milliarden Franken hat Nestlé 2010 mit Nespresso verdient. Um den Honigtopf zu schützen, lässt der Lebensmittel-Multi seine Patent-Kavallerie gegen Denner reiten.
Das Geschäft mit der 1976 patentierten «Kartusche für die Zubereitung eines Getränks» hat sich als Goldgrube erwiesen. Jedes Jahr fährt Nestlé dank Nespresso mehrere Milliarden Franken ein. Obschon es bereits zahlreiche vergleichbare Kaffeekapsel-Systeme gibt, ist Nespresso nach wie vor die klare Nummer eins in diesem Wachstumsmarkt. Mehr als über Konkurrenzsysteme ärgern sich die Verantwortlichen bei Nespresso daher in erster Linie über Nachahmer, die Kapseln entwickeln, welche in Nespresso-Maschinen ebenfalls eingesetzt werden können. In Frankreich sind mit Ethical Coffee des ehemaligen Nesspresso-Chefs Jean-Paul Gaillard und L'Or der amerikanischen Firma Sara Lee bereits zwei Konkurrenzprodukte auf dem Markt. Den Patent-Inhabern geht das völlig gegen den Strich. Sobald Nestlé Wind von Produkten erhält, die die eigenen Kapseln konkurrenzieren könnten, fährt der Konzern deshalb die Krallen aus und bemüht die interne Rechtsabteilung.
So auch im jüngsten Fall gegen Denner. Wegen angeblicher Markenverletzungen und wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen hat das St. Galler Handelsgericht am Montag Denner untersagt, weiterhin Kaffeekapseln für Nespresso-Maschinen zu verkaufen. Einmal mehr scheinen sich die unzähligen Patente, die Nestlé auf sein Kaffeekapselsystem angemeldet hat, auszuzahlen. Weltweit sollen es über 1700 Patente sein.
Eine Vielzahl davon sind allerdings identische Patente, die in verschiedenen Ländern zur Anwendung kommen, erklären Experten. «Zentral sind vielleicht sechs oder sieben Patente, aber die haben es in sich», sagt Pascal Schlittler. Der Branchenkenner ist CEO der Mocoffee AG, einer Vertriebstochter der Monodor AG, dem Unternehmen von Nespresso-System-Erfinder Eric Favre. Dieses hat unter anderem die Delizio- und die Lavazza-Kapseln entwickelt.
Konkurrenz bereits in den Startlöchern
Die Zeit, in der Nestlé mit Patenten die Konkurrenz in Schach gehalten hat, dürfte jedoch bald vorbei sein. Das Schlüsselpatent - die hermetisch abgeschlossene Kapsel, die durch eine Filterplatte in der Maschine durchstochen wird - läuft 2012 ab. Schlittler ist überzeugt, dass es Nespresso dann mit einer Vielzahl von Konkurrenten zu tun haben wird, die frontal von der Nespresso-Technologie profitieren wollen: «Viele werden allerdings nicht Fuss fassen können.»
Bereits zuvor wird sich Monodor gegen Konkurrenten behaupten müssen. Die Patente für die Delizio- und die Lavazza-Maschinen sind nur noch bis Ende Jahr gültig. Im Gegensatz zu Nespresso, das keine Konkurrenzkapseln für die eigenen Maschinen zulassen will, setzt Monodor auf eine andere Strategie. Das Tochterunternehmen Mocoffee produziert bereits heute - in Absprache mit der Migros - Generikakapseln für das Delizio-System. «Um die Lavazza- und Delizio-Technologie weiter zu verbreiten suchen wir derzeit die Zusammenarbeit mit externen Partnern», verrät Schlittler. Ziel sei es, den Kunden ein möglichst grosses Kaffeeangebot zu ermöglichen. Ob Monodor mit dieser Taktik im liberalisierten Kapsel-Markt besser bestehen wird als Nespresso, wird sich allerdings weisen müssen.