Zahl der Ausgesteuerten nimmt zu

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ArbeitsmarktZahl der Ausgesteuerten nimmt zu

Im vergangenen Jahr dürfte es erneut mehr Ausgesteuerte gegeben haben. Viele finden zwar danach wieder einen Job, müssen aber einen Abstrich beim Lohn in Kauf nehmen.

F. Lindegger
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F. Lindegger
Die Arbeitslosenquote ist im Jahr 2015 leicht gestiegen.

Die Arbeitslosenquote ist im Jahr 2015 leicht gestiegen.

Keystone/Peter Klaunzer

Die Arbeitslosenquote ist 2015 leicht angestiegen – auf 3,3 Prozent. Im Durchschnitt waren im vergangenen Jahr 143'000 Personen ohne Arbeit, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Freitag mitteilte. Nicht nur die Arbeitslosenzahlen, sondern auch die Zahl der Ausgesteuerten dürfte 2015 gestiegen sein. Zwar steht das definitive Ergebnis noch aus, bis und mit Ende Oktober wurden im letzten Jahr insgesamt aber gegen 32'000 Arbeitslose ausgesteuert. Fallen die Statistiken im November und Dezember ähnlich hoch aus wie jene der Vormonate, dann wären 2015 rund 38'000 Personen ausgesteuert worden.

Damit wäre die Zahl der Ausgesteuerten im vergangenen Jahr auf hohem Niveau weiter gewachsen. Seit dem Jahr 2008 ist die Zahl der Ausgesteuerten von rund 20'000 Personen pro Jahr kontinuierlich angestiegen. Abgesehen von einem Ausreisser nach oben im Jahr 2011, als bedingt durch eine Gesetzesänderung, die den Bezug von Arbeitslosentaggeldern einschränkte, die Zahl der Ausgesteuerten innerhalb eines Jahres bei über 47'000 lag.

«Massive Zäsur für Betroffene»

Ausgesteuert werden Personen, die keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld haben, da die Taggelder der Arbeitslosenversicherung ausgeschöpft sind. Dies ist nach Alter oder Anzahl Jahre, die jemand gearbeitet hat, unterschiedlich. «Im Durchschnitt sind die Taggelder nach ein bis zwei Jahren aufgebraucht», erklärt Edgar Spieler, Leiter Arbeitsmarkt des Amts für Wirtschaft beim Kanton Zürich. Für die Betroffenen sei dies eine massive Zäsur: «Die Kosten fürs tägliche Leben bleiben bestehen, aber von einem Tag auf den anderen gibt es kein Geld mehr. Das treibt die Betroffenen enorm um», so Spieler.

Das Risiko, ausgesteuert zu werden, ist für einige Bevölkerungsgruppen höher als für andere. «Personen, die ausgesteuert werden, verfügen oft über keinen Berufsabschluss und schlechte Deutschkenntnisse», so Spieler. Diese Personen würden auch öfter arbeitslos. Laut einer Studie des Bundesamts für Statistik (Bfs) aus dem Jahr 2014 werden zudem über 45-Jährige sowie Frauen und alleinlebende Personen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung öfter ausgesteuert.

Aussteuerung wirkt sich auf künftigen Lohn aus

Für Ausgesteuerte muss der Weg aber nicht zwingend in die Sozialhilfe führen, wie Zahlen des Bfs zeigen. Die Hälfte der Ausgesteuerten schafft innerhalb eines Jahres den Sprung zurück in die Arbeitswelt. Spieler sagt dazu: «Es lohnt sich, dranzubleiben bei der Stellensuche. Engagierte Personen haben eine gute Chance, zurück in den Arbeitsmarkt zu kommen.» Manchmal sei es auch nötig, dass die Betroffenen bereit seien, die Lohnvorstellungen etwas nach unten zu korrigieren.

Eine Entwicklung, die auch in der Untersuchung des Bfs sichtbar wird: Während der Bruttolohn für Arbeitnehmer im Schnitt (Medianlohn) 36.20 Franken betrage, sei dies bei ehemals Ausgesteuerten, die wieder eine Arbeit gefunden haben, 27.50 Franken. Laut dem Bfs kann dabei die Übervertretung von Frauen oder Personen mit niedriger Bildung die Differenz nicht vollständig erklären.

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