Dr. MuscleKohlenhydrate und Muskelaufbau
Bringt es wirklich was, den Proteinshake mit Kohlenhydraten anzureichern? Dr. Muscle klärt auf.

Proteinshakes sind oft mit Kohlenhydraten angereichert. Eine oft unnötige Zugabe, wie Dr. Muscle findet.
Insulin (ein Peptidhormon) kann sich beim erwachsenen Menschen grundsätzlich auf zwei Arten auf die Netto-Proteinbilanz im Muskel auswirken: Erstens erlaubt beziehungsweise erleichtert es die Wirkung der Aminosäuren (die Proteinbausteine) auf die Steigerung der Muskelaufbauschnelligkeit. Zweitens kann Insulin die Schnelligkeit des Muskelabbaus leicht hemmen. Um beide Effekte voll auszuprägen, genügt aber eine relativ kleine Steigerung der Insulinkonzentration im Blut. Sowohl Protein (Aminosäuren) wie auch Kohlenhydrate führen je nach zugeführter Menge und Art zu einer Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse ins Blut.
Optimale Insulinkonzentration
Wenn Sie auf nüchternen Magen einen Proteinshake oder eine andere Proteinquelle zu sich nehmen, die die hinreichende und notwendige Menge an Protein enthält, erzielen Sie bereits diese notwendige Steigerung der Insulinkonzentration. Bei jungen Männern sprechen wir hier von ca. 20 bis 25 Gramm Protein in der richtigen Qualität. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, gibt es hinsichtlich des Aufbaus von Muskelmasse keinen Zusatznutzen für Kohlenhydrate (Zucker usw.) in Ihrem Shake. Kohlenhydrate führen zwar auch zu einem markanten Anstieg der Insulinkonzentration im Blut, nur belegen die meisten wissenschaftlichen Studien, dass die gleichzeitige Aufnahme von Kohlenhydraten und Protein in einem Shake nicht mehr bringt als die alleinige Aufnahme von Protein in der richtigen Dosis. Auch unmittelbar vor dem Krafttraining bringt die Einnahme von Kohlenhydraten in Bezug auf den muskelaufbauenden Effekt des Trainings nichts.
Kohlenhydratspeicher
Beachten Sie aber, dass Kohlenhydrate selbstverständlich eine wichtige Rolle bei der Wiederauffüllung des durch das Training teilweise entleerten Kohlenhydratspeichers im Muskel (Muskelglykogen) spielen. Die Konzentration von Muskelglykogen nimmt beim Krafttraining nämlich ab und muss wieder regeneriert werden, wenn Sie langfristig leistungsfähig sein wollen bzw. damit Sie überhaupt intensiv trainieren können. Kurzfristig beeinträchtigt jedoch nicht mal ein halbleerer Energiespeicher den muskelaufbauenden Effekt von Krafttraining: Bei Aufnahme der richtigen Proteindosis nach dem Training ist der Trainingseffekt auf den Muskelaufbau gleich gross wie beim Training mit vollem Energiespeicher. Der Schluss liegt nahe, dass wenn Sie sich als erwachsene Person vielfältig und abwechslungsreich ernähren, nicht mehr als eine bis zwei Stunden pro Tag hart trainieren und/oder im Alltag körperliche Schwerarbeit leisten, für Sie kaum ein Mehrbedarf an Kohlenhydraten besteht, schon gar nicht aus «Regenerationsshakes» oder sonstiger Ergänzungsnahrung.
Wie Sie ja wissen: Wenn Sie Ihrem Körper mehr Energie zuführen als Sie verbrauchen, werden sie langfristig in erster Linie zum «Fat Gainer».

Dr. sc. nat. Marco Toigo befasst sich im Rahmen seiner universitären Forschungsarbeit im Labor für Muskelplastizität der Uniklinik Balgrist mit den Mechanismen des Muskelaufbaus und -abbaus. Nebst seiner Forschungstätigkeit ist er als ETH-Hochschuldozent fur Muskel- und Sportphysiologie sowie als Buchautor tätig. Er verfügt zudem über jahrelange Erfahrung in der Ausbildung von Fitnesstrainern und der Instruktion und Betreuung von Trainierenden.