Ausdauertraining beisst Muskelaufbau nicht

Aktualisiert

Dr. MuscleAusdauertraining beisst Muskelaufbau nicht

Dr. Muscle erklärt im zweiten Teil, wie Sie leichtes Ausdauertraining mit Ihren Kraftübungen ideal kombinieren.

Ziehen Sie das leichte Ausdauertraining dem Krafttraining zeitlich vor.

Ziehen Sie das leichte Ausdauertraining dem Krafttraining zeitlich vor.

Wie früher beschrieben, kann die Kombination von Kraft- und Ausdauertraining zu einem Interferenzeffekt führen, was den Muskelaufbau hemmt.

Dr. Muscle hat Trainings-Tipps, um genau das zu vermeiden:

Tief intensives Ausdauertraining

Es gibt unzählige Trainingsprotokolle zum hochintensiven, intervallartigen Ausdauertraining (engl. high-intensity interval training, HIIT oder HIT). Alle diese Protokolle haben gemeinsam, dass sie aus kurzen (Sekunden bis Minuten) Intervallen bei sehr hoher bis maximaler Intensität bestehen, auf die jeweils eine (mehr-)minütige Entlastungsphase bei tiefer Trainingsintensität oder kompletter Ruhe folgt. Zum Beispiel besteht das klassische «4x4 HIT» aus vier vierminütigen heftigen Intervallen, die jeweils durch eine 3-minütige Erholungsphase bei tiefer Trainingsintensität getrennt sind (Warm-up und Cool-down nicht mitberücksichtigt). Unter hoher Intensität ist im Zusammenhang mit HIIT eine sehr hohe Fahrradleistung (bzw. eine sehr hohe Laufgeschwindigkeit beim Joggen), mit der man die vier vierminütigen Intervalle nur knapp bewältigen kann, gemeint. Die Herzfrequenz beträgt bei diesen hoch intensiven Intervallen ca. 90% der maximalen Herzfrequenz oder mehr.

Als Abgrenzung dazu kann tief intensives, bzw. moderates Ausdauertraining, das ununterbrochen (keine Intervalle) z. B. 30–60 Minuten lang durchgeführt wird, bei ca. 64–76% der maximalen Herzfrequenz angesiedelt werden. Führt man unmittelbar an ein tief intensives Ausdauertraining für die dabei trainierten Muskeln ein Krafttraining durch (d. h. in der gleichen Trainingseinheit), werden die Anpassungen an das Ausdauertraining verstärkt, ohne dass die muskelaufbauenden Prozesse des Krafttrainings gestört würden. In diesem Fall verstärkt das Krafttraining gar den Anpassungseffekt an das Ausdauertraining. Zudem interferiert das tief intensive Ausdauertraining in diesem Fall nicht mit der Anpassung an das Krafttraining. Wenn Sie also nur ein tief intensives Ausdauertraining absolvieren, können Sie dieses mit dem Krafttraining in derselben Trainingseinheit kombinieren, wobei Sie das tief intensive Ausdauertraining dem Krafttraining zeitlich vorziehen sollten.

Split-Krafttraining und Ausdauer

Wenn Sie Ihr Krafttraining im Rahmen eines Split-Programms organisiert haben, so ist es denkbar (wissenschaftliche Fakten gibt es hierzu noch keine), dass Sie in derselben Trainingseinheit sowohl ein Krafttraining wie auch ein HIIT absolvieren können. Voraussetzung hierfür ist, dass die beim HIIT trainierten Muskeln nicht dieselben sind, die gemäss Split-Programm trainiert wurden. Eine mögliche Kombination wäre beispielsweise Brust/Trizeps im Krafttraining, gefolgt von HIIT auf dem Veloergometer. Führen Sie in diesem Fall das Krafttraining vor dem HIIT durch.

Energiestress auch durch Krafttraining möglich

Wie bereits früher erwähnt, ist der Begriff Ausdauertraining im Kontext des Interferenzeffekts im Sinne von Energiestress zu verstehen. Energiestress kann natürlich nicht nur beim Ausdauertraining entstehen, sondern bei allen Trainingsformen, die mit einem hohen Energieverbrauch im trainierten Muskel einhergehen. Das schliesst auch das Krafttraining selber mit ein und bedeutet, dass der Interferenzeffekt auch dann auftreten kann, wenn Sie dieselbe Kraftübung viel zu viele Male wiederholen und somit zu lange trainieren. Es hört sich widersprüchlich an, dass Sie mit Krafttraining die typischen Anpassungsprozesse an das Krafttraining hemmen können, aber es ist so.

Dr. sc. nat. Marco Toigo befasst sich im Rahmen seiner universitären Forschungsarbeit im Labor für Muskelplastizität der Universitätsklinik Balgrist mit den Mechanismen des Muskelaufbaus und -abbaus. Nebst seiner Forschungstätigkeit ist er als ETH-Hochschuldozent fur Muskel- und Sportphysiologie sowie als Buchautor tätig. Er verfügt zudem über jahrelange Erfahrung in der Ausbildung von Fitnesstrainern und der Instruktion und Betreuung von Trainierenden. Seine Kolumne «Dr. Muscle» erscheint ab nächsten Samstag wöchentlich.

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