Dr. MuscleWer trainiert ist, überlebt schwere Krankheiten eher
Sie sind nicht nur nett anzusehen, sie haben auch lebensnotwendige Funktionen: Muskeln erhöhen bei Verletzungen und Krankheiten die Überlebenschancen.

Der Körper greift in lebensbedrohlichen Situationen auf Muskelmasse zurück. Schwierig wird es, wenn diese nicht in genügendem Mass vorhanden ist.
Kein Anbieter/Jacob Ammentorp LundMuskeln werden heutzutage immer noch primär auf das äusserliche Bild reduziert, obwohl sie viele lebensnotwendige Funktionen erfüllen, die für unsere Gesundheit von entscheidender Bedeutung sind. Einige davon sind weithin bekannt: So ermöglicht uns die Kraftübertragung zwischen Muskeln, Sehnen und Knochen, dass wir uns fortbewegen und mit der Umwelt kommunizieren können. Weiter ist die Muskelkraft die treibende Kraft für die Ausbildung und Erhaltung der Knochenstärke, und schliesslich tragen die Skelettmuskeln wesentlich zum körperlichen Energieumsatz bei, sowohl in Ruhe als auch unter Belastung.
Es gibt aber auch unbekanntere Seiten der Skelettmuskulatur, zum Beispiel deren wichtige Rolle im Körperstoffwechsel. In der Tat stellen Muskeln das grösste Aminosäurereservoir im menschlichen Körper dar. Von diesem Reservoir zehrt der Körper in verschiedenen Situationen. Beispielsweise werden im Nüchternzustand, das heisst nachdem Sie längere Zeit keine Nahrung aufgenommen haben, im Muskel Aminosäuren durch Proteinabbau mobilisiert und dem Blutkreislauf zugeführt. Über den Blutkreislauf gelangen die Aminosäuren aus den Muskeln zu anderen lebenswichtigen Geweben und Organen, wo sie wiederum als Bausteine für den Proteinaufbau dienen. Zudem dienen die aus dem Muskel mobilisierten Aminosäuren auch als Vorläufermoleküle für die Zuckerneubildung in der Leber.
Bei Stress braucht der Körper Muskeln
Wie wichtig die Rolle von Muskelprotein als Aminosäurespeicher ist, offenbart sich speziell bei körperlichen Stresszuständen. Solche können beispielsweise durch Sepsis (systemische Entzundungsreaktion des Organismus auf eine Infektion, zum Beispiel durch Bakterien und Viren), Krebs, Aids, Verbrennungen und Verletzungen (Operationen) usw. ausgelöst werden. In solchen Fällen kann eine reduzierte Muskelmasse und Fitness nicht nur die medizinischen Behandlungsoptionen einschränken, sondern auch die Überlebenswahrscheinlichkeit negativ beeinflussen. Beispielsweise kann sich der tägliche Proteinbedarf von Verbrennungsopfern auf über das Vierfache des normalen täglichen Bedarfs vergrössern.
Dieser Anstieg ist unter anderem bedingt durch den stark erhöhten Bedarf der Leber und des Immunsystems (Immunzellen) sowie durch die Stimulation der Zuckerneubildung in der Leber. Darauf reagiert der Körper, indem er den Muskelabbau stark anregt, um reichlich Aminosäuren für die Aufbauprozesse in anderen Organen und Geweben bereitzustellen. Der Muskelabbau ist in diesen Situationen schwer zu stoppen, auch trotz aggressiver Ernährungsunterstützung. Es ist daher nicht weiter erstaunlich, dass Menschen mit limitierter Muskelspeichergrösse schlecht auf solche Stresszustande reagieren.

Dr. sc. nat. Marco Toigo befasst sich im Rahmen seiner universitären Forschungsarbeit im Labor für Muskelplastizität der Universitätsklinik Balgrist mit den Mechanismen des Muskelaufbaus und -abbaus. Nebst seiner Forschungstätigkeit ist er als ETH-Dozent für Muskel- und Sportphysiologie sowie als Buchautor tätig. Er verfügt zudem über jahrelange Erfahrung in der Ausbildung von Fitnesstrainern und der Instruktion und Betreuung von Trainierenden.