Dr. MuscleOhne Muskeltraining verstummt der Körper
Die optischen Resultate spielen beim Krafttraining nur eine angenehme Nebenrolle. Viel wichtiger sind die Effekte auf unser Organsystem.

Die Mühe lohnt sich: Wer regelmässig Krafttraining treibt, profitiert nicht nur optisch, sondern vor allem gesundheitlich.
Kein Anbieter/ShironosovMuskeln kommunizieren mit Organen
Wie in der letzten Kolumne erklärt, werden Muskeln heutzutage immer noch primär auf das äusserliche Erscheinungsbild reduziert, obwohl sie viele lebensnotwendige Funktionen erfüllen, die für unsere Gesundheit von entscheidender Bedeutung sind. So funktioneren unsere Muskeln beispielsweise auch als Kommunikationszentrale in unserem Körper. Zu den Kommunikationsmitteln gehören nebst der Muskelkraft an sich auch chemische Faktoren (sogenannte Myokine). Die Myokine werden bei der Kraftproduktion des Muskels von diesem ausgeschüttet und gelangen über den Blutkreislauf zu anderen Zielorganen, wo sie ihre Wirkung entfalten. So kommunizieren Muskeln u. a. mit dem Gehirn, der Leber, der Bauchspeicheldrüse, dem Fettgewebe und den Knochen. Beim Muskel handelt es sich daher um eine Drüse, die in Abhängigkeit ihrer Beanspruchung unterschiedliche Signale zu anderen Körperorganen aussendet, die wiederum zur Aufrechterhaltung ihrer natürlichen Funktion auf diese Muskelsignale angewiesen sind.
Durch Training versorgen Sie demnach nicht nur Ihre Muskeln, sondern auch praktisch alle Organsysteme in Ihrem Körper mit lebensnotwendigen Signalen. Das ist u. a. die ursächliche Erklärung dafür, warum Muskeltraining gesund ist und warum ein Mindergebrauch von Muskeln langfristig krankmachen kann. Körperliches Training ist daher nicht einfach ein modisches Accessoire, sondern Teil unseres Wesens. Aus diesen Betrachtungen wird klar, dass Krafttraining als Ergänzung zu den vielen anderen Trainingsformen und zum Sport fundamental für unsere Gesundheit ist und dass die möglicherweise veränderte Körperästhetik letzten Endes doch nur ein Nebenprodukt darstellt.

Dr. sc. nat. Marco Toigo befasst sich im Rahmen seiner universitären Forschungsarbeit im Labor für Muskelplastizität der Universitätsklinik Balgrist mit den Mechanismen des Muskelaufbaus und -abbaus. Nebst seiner Forschungstätigkeit ist er als ETH-Dozent für Muskel- und Sportphysiologie sowie als Buchautor tätig. Er verfügt zudem über jahrelange Erfahrung in der Ausbildung von Fitnesstrainern und der Instruktion und Betreuung von Trainierenden.