Seltene Krankheiten, Teil 8«Ich stinke wie ein toter Fisch»
Camille sieht toll aus, arbeitete schon als Model und hat einen Uniabschluss. Doch zu nahe kommen möchte sie niemandem: Denn die Amerikanerin verströmt einen äusserst unangenehmen Geruch.
Sie ist eine blitzgescheite junge Frau und wurde für den Lehrerberuf ausgebildet. Jeder, der Camille sieht, findet sie attraktiv - doch nicht, wenn er sie riecht. Deshalb möchte sie ihren Traumberuf nicht ausüben: «Die Schüler würden wahrscheinlich sagen 'Uhh ... in diesem Klassenzimmer stinkts nach totem Fisch' und mich irgendwann 'Miss Fishy' nennen», erzählte Camille - ihren vollen Namen wollte sie nicht veröffentlichen - gegenüber «abcnews.com». Ihren Angaben zufolge vermag der von ihr ausgehende strenge Geruch ganze Vortragssäle auszufüllen.
Dabei versuchte die Lehrerin wirklich mit allen nur erdenklichen Duftwässerchen und Mitteln, ihren üblen Ausdünstungen Herr zu werden. Doch nichts half. Ihren Kampf gegen den Gestank führt sie nun schon seit rund 30 Jahren.
Schule? Der blanke Horror ...
Die Schulzeit war für Camille die reinste Tortur. Alles begann, als sie die Grundschule besuchte. Sie erinnert sich: «Einer meiner Lehrer fragte mich mal, ob ich täglich duschen würde. Dann setzte er mich in eine Ecke des Klassenzimmers.» Einige Jahre später wurde es noch schlimmer: «Eine Gruppe Mitschüler bewarf mich in der Schulkantine mit Thunfisch-Sandwiches.»
Die Reaktion auf Camilles Ausdünstungen ist uns instinktiv gegeben und eigentlich ganz natürlich: Der Mensch hält sich automatisch von vergammelt Riechendem fern - das schützt uns davor, verdorbene Lebensmitteln zu verspeisen.
Besonders tragisch für Camille: Sie selbst kann ihren unangenehmen Körpergeruch nicht wahrnehmen. Das macht es für sie äusserst schwierig, die «Geruchsbelästigung» auf ihr Umfeld einzuschätzen. Auch das Liebesleben litt bisher unter ihrem Körpergeruch: Männer liess sie nie näher an sich heran. Aus lauter Verzweiflung dachte sie schon manches Mal an Selbstmord. Auch Mediziner konnten ihr nicht helfen - bis sich durch ihre eigene Initiative das Blatt wendete: Camille wandte sich mit ihrem Problem an die Öffentlichkeit und bekam Antwort von Sandy. Auch Sandy leidet sehr unter ihren strengen Ausdünstungen. Sie konnte dem Syndrom einen Namen geben: TMAU. Durch Sandy bekam Camille die Adresse von Dr. George Preti vom Philadelphia Monell Chemical Senses Institute. Preti, ein TMAU-Experte, kennt die Ursache für das Phänomen: Es sind Enzyme, die eine nach vergammeltem Fisch riechende Chemikalie namens TMA freisetzen. Weltweit soll es nur 600 dokumentierte TMAU-Erkrankte geben.
Dank Sandys und Dr. Pretis Hilfe geht es Camille heute viel besser: Sie weiss, dass sie auf bestimmte Nahrungsmittel verzichten muss, damit die Entwicklung des flüchtigen und übelriechenden Stoffs gebremst wird.
(rre)
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