Und täglich grüsst die Kamera

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Seltene Krankheiten, Teil 10Und täglich grüsst die Kamera

Es gibt Situationen in denen man denkt, man sei in einem Film: Für Menschen die am «Truman Syndrom» leiden, ist das ein Dauerzustand.

Immer diese Kameras! Ob beim Einkaufen, auf dem Weg zur Arbeit oder sogar auf dem WC: Wo er geht und steht - überall wird er gefilmt. Das zumindest glaubt ein Betroffener des sogenannten «Truman-Syndroms». Genau wie der Protagonist des Films «Die Truman Show», spielen die von dieser psychischen Besonderheit Geplagten eine ewige Hauptrolle in einem Film, einer Casting-Show oder einer Dokumentation. Doch etwas unterscheidet sie von der Filmfigur, dargestellt von Jim Carrey: Ihre andauernde Medienpräsenz ist nichts als pure Einbildung.

Abschalten mittels Suizid?

Ein interessantes und zugleich beängstigendes Phänomen, dem sich in den USA immer mehr Experten annehmen. Einer davon ist Dr. Joel Gold, Psychiater am New York's Bellevue Hospital. Er betreute in den vergangenen zwei Jahren fünf Patienten, bei denen das Truman Syndrom diagnostiziert wurde. «Die Frage ist, ob es sich hierbei tatsächlich um ein neues Phänomen, oder um eine bereits seit Längerem vorhandene Wahrnehmungsstörung handelt», erklärt Gold auf Anfrage des Nachrichtendienstes «AP».

Auf Aussenstehende mag das Truman Syndrom belustigend wirken, Betroffene hingegen leiden sehr unter dem Gefühl, immer und überall von Kameras beobachtet zu werden. Sie empfinden dies als massiven Einschnitt in ihre Privatsphäre. Einige von Golds Patienten zogen sogar ernsthaft in Betracht, sich umzubringen - für sie der einzige Ausweg, der imaginären Dauerbeobachtung zu entkommen.

Das Truman Syndrom kann viele Ursachen haben: Neben diversen psychischen Störungen äusserst es ich als Symptom von degenerativen Erkankungen wie Alzheimer oder Parkinson. Wissenschaftler wie Gold sehen einen direkten Zusammenhang zwischen unserer durch Medien bestimmten Umwelt und der psychischen Erkrankung. Er wird sich - zusammen mit seinem Bruder, ebenfalls ein Psychiater - in den kommenden Jahren weiteren Untersuchungen zur Ergründung dieses rätelhaften Phänomens widmen.

(rre)

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