Die eigene Hand an der Kehle

Aktualisiert

Seltene Krankheiten, Teil 3Die eigene Hand an der Kehle

Sie greift plötzlich wild um sich, schlägt unvermittelt zu: Beim Alien-Hand-Syndrom tut die Hand alles, nur nicht das, was der «Besitzer» ihr befiehlt. Und das kann - unter Umständen - äusserst gefährlich werden.

Nahezu jeder kennt es: Plötzlich beginnt ein Muskelstrang irgendwo in unserem Körper völlig unkontrolliert zu zucken. Obwohl wir viele Funktionen unseres Organismus mit Hilfe des eigenen Willens steuern können, gibt es kleine Symptome, die wir nicht oder kaum unter Kontrolle haben: Dazu gehören das Husten, Niesen oder der lästige Schluckauf.

Eine Hand schlägt die andere

Aber wie mag es sein, wenn sich eine Extremität gar völlig selbstständig macht? Wenn die Hand nicht mehr das tut, was das Gehirn ihr eigentlich befiehlt? Diesem unkontrollierten Handeln liegt eine Schädigung des Gehirns zu Grunde, die oft durch einen Schlaganfall ausgelöst wird. Betroffen ist entweder das Corpus Callosum (auch Balken genannt) oder der Frontallappen des Gehirns. Dadurch werden wichtige Denkabläufe oder der Informationsaustausch gestört. Die Folge: Der Betroffene hat das Gefühl, die eigene Hand sei etwas Fremdes, ihm nicht Zugehöriges. Das kann dazu führen, dass eine der beiden Gliedmassen unglaubliche Dinge tut: Der Gesundheitsdienst «medical tribune» berichtete von einem Mann, der - unter dem Alien-Hand-Syndrom leidend - auf offener Strasse onanierte. Weitere Fälle dokumentieren das Würgen des eigenen Halses - bis zur Ohnmacht, im schlimmsten Fall sogar bis zum Tod. Charakteristisch für das Alien-Hand-Syndrom ist ausserdem, dass das Gefühls- und Tastempfinden der Patienten massiv gestört ist (siehe Video).

Dokumentiert wurden die Symptome des Alien-Hand-Syndroms erstmals 1908 vom deutschen Mediziner Kurt Goldstein, wobei die Erkrankung erst viele Jahre später einen Namen bekam. Bis heute sind die Hirnschädigungen, die zu den unkontrollierten Handlungen führen, nicht therapierbar. Immerhin: Viele Betroffenen erfahren im Laufe der Zeit eine Linderung ihres Leidens.

(rre)

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