BionikDie Frau mit dem «Robo-Arm»
Claudia Mitchell ist eine medizinische Sensation. Sie ist die erste bionische Frau der Welt – denn die Studentin besteht nicht nur aus Fleisch und Blut: Ihre künstliche Armprothese ist zu einem festen Bestandteil ihres Körpers geworden.
Sie wirkt wie eine ganz normale Studentin um die 20 – doch die Amerikanerin Claudia Mitchell ist alles andere als ein gewöhnliches College-Girl: Vor vier Jahren veränderte sich Mitchells Leben dramatisch: Bei einem Motorradunfall verlor die junge Frau einen Arm. Alle chirurgischen Anstrengungen, die durch eine Leitplanke auf der Autobahn abgetrennte Extremität wieder anzuoperieren, scheiterten. Mitchell musste lernen, mit einer einfachen Armprothese zurechtzukommen.
Schnell schwanden Mitchells Hoffnungen auf ein halbwegs normales Leben: Die Amputation des Arms erfolgte nahe der Schulter – das machte es für die Studentin fast unmöglich, die Prothese zu steuern. «Ich sass nur herum und machte fast nichts mehr», erzählte sie in einem Interview mit dem Sender «ABC News».
Bald wurde die junge Frau depressiv – bis sie eines Tages auf einen kleinen Artikel über eine neue Operationsmethode stiess, die sich noch im experimentellen Stadium befand. Sie meldete sich sofort als Freiwillige für die Operation. Im Jahr 2006 war es soweit: Während einer sechsstündigen OP wurde zunächst der Teil des Nervs, der für die Steuerung des Arms zuständig ist, unter Mitchells Brustmuskulatur verlegt. Damit beabsichtigten die Mediziner, den Nerv über die Muskulatur wieder zu reaktivieren. Die Ärzte schafften eine Verbindung zwischen dem «Roboter-Arm» und dem neu verlegten Nerv. Sie erhofften sich, dass sich die Prothese über die elektrischen Impulse, die vom Gehirn an den Nerv gesendet werden, bewegen lässt.
Ein «Roboterarm» - vom Gehirn gesteuert
Und tatsächlich: Es funktioniert! Wenn Mitchell ihren Arm bewegen möchte und ihr Gehirn den Befehl «bewegen» gibt, wandern die Signale in den mit dem Brustmuskel verknüpften Armnerv. Ein grosser medizinischer Erfolg, denn zum ersten Mal gelang es, menschliches Gewebe auf diese Weise funktionell mit einer Prothese zu verbinden. Den revolutionären Eingriff führte der Mediziner Dr. Todd Kuiken vom Rehabilitation Institute of Chicago durch. Er machte aus Mitchell die erste sogenannte bionische Frau der Welt – denn sie ist jetzt nicht mehr nur Mensch, sondern zu einem kleinen Teil auch eine Art Computer.
Für die Patientin hat sich durch den Eingriff das Leben positiv verändert: Jetzt kann sie wieder ohne Hilfe Hemden zusammenfalten, Gemüse schneiden oder eine Weinflasche öffnen.
Doch es wird noch unglaublicher: Wenn sie einen bestimmten Punkt an ihrer Brust antippt, spürt Mitchell die Berührung an ihrem Arm. Sie kann sogar heiss und kalt unterscheiden.
Die Ärzte hoffen, dass Mitchells Empfindungen einen besseren Einblick in die Funktion des Gehirns nach Unfällen oder Amputationen gibt. Im nächsten Schritt wollen die Forscher eine Prothese entwickeln, die nicht nur Handgriffe ausführt, sondern auch fühlen kann.
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