Pornofilme«Nur jede vierte Bewerberin wird genommen»
Ein Pornodreh verspricht vermeintlich schnell und leicht verdientes Geld. Gerade während der Finanzkrise eine verlockende Idee für manchen. Doch eine goldene Nase verdienen sich die allerwenigsten. Lars Rutschmann, Schweizer Pornoproduzent, plaudert im Interview aus dem Nähkästchen.
20 Minuten Online: Wie wirkt sich Finanzkrise eigentlich auf die Pornobranche aus?
Lars Rutschmann: Also, bislang sind direkte Auswirkungen noch nicht feststellbar. Es gibt einige Menschen, die wegen der Unsicherheit lieber Geld sparen, nicht mehr so viel in den Ausgang gehen und dafür auch mal zuhause einen Porno schauen. Andere wiederum sparen an dieser Stelle. Das hält sich so in etwa die Waage.
Gibt es seit Beginn der Finanzkrise mehr Bewerberinnen als Akteure in Pornofilmen?
Ja, auf jeden Fall. Die Bewerbungen haben schon deutlich zugenommen in den vergangenen Monaten. Vor der Krise waren es bei uns etwa 2 pro Woche. Heute sind es 5 bis 6 pro Woche. Aussagen einiger mutmasslicher Pornoproduzenten, nach denen es hingegen regelrechte Bewerberanstürme gibt, halte ich für absolut falsch. Aus meiner Erfahrung weiss ich, dass es im deutschsprachigen Raum pro eine Million Einwohner lediglich eine Pornodarstellerin gibt.
Geben einige davon finanzielle Probleme offen als Motivation an?
Das sagen die Bewerberinnen natürlich selten offen. Aber mein Eindruck ist schon, dass dies für viele Kandidatinnen der Hauptantrieb ist. Es ist kein Geheimnis, dass ein Mitwirken in einem Pornofilm schnell verdientes Geld ist. Allerdings sind die meisten Vorstellungen bezüglich der Verdienstmöglichkeiten in dieser Branche völlig überzogen.
Wie hoch sind die Ansätze?
Pro Szene verdienen Darsteller zwischen 375 und 600 Franken. Der Dreh einer solchen Szene dauert zwischen 45 Minuten und 4 Stunden. Im Schnitt kommen Pornodarsteller auf etwa vier Szenen pro Monat.
Ist das Geld auch für männliche Kandidaten der Hauptgrund für einen Pornodreh?
Nein, bei männlichen Bewerbern sind es meistens Klischee-Vorstellungen von wildem Sex mit vielen Frauen.
Ist die Porno-Industrie immer auf der Suche nach «Frischfleisch»? Oder greift man eher auf erfahrene Hasen zurück?
Neue Gesichter sind in der Branche schon immer gefragt. Geht es aber um grosse Produktionen, nehmen wir immer auch erfahrene Darsteller dazu. Mit 10 Einsteigern zu arbeiten, wäre zu anstrengend und zu zeitintensiv.
Wie viele der Anfragen führen letztlich wirklich zu einem Engagement?
Etwa ein Viertel der Bewerberinnen spielen letztlich auch einmal in einem Porno mit. Bei männlichen Bewerbern ist die Quote deutlich niedriger. Hier eignet sich im Schnitt nur einer von 1000 Kandidaten. Allerdings bewerben sich auch viel mehr. Etwa 50 pro Woche.
Welche Qualifikationen braucht es denn als Pornodarstellerin?
In erster Linie Aussehen und Spass am Sex. Ein Dreh ist nämlich keinesfalls ein reines Vergnügen. Alle paar Minuten wird am Set einiges umgestellt, müssen die Darsteller Pause machen und wieder neu beginnen.
Lars Rutschmann, bekannt unter seinem Künstlernamen Michael Ryan, ist Pornoproduzent und Mediensprecher der in Zürich ansässigen Mascotte Film AG, dem grössten Lizenznehmer für Sexfilme in Europa (unter anderem Louisa Lamour).