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AutöffliWas so alles auf den Strassen rumfährt

Die Kreativität des Autöffli-Tüftlers Sebastians Küttel wurde von den Behörden ausgebremst. Während man andernorts auf der Strasse sogar motorisierte Sofas und Gartenhäuser antrifft.

O. Baroni
von
O. Baroni

Da wurde also das Jonschwiler Autöffli bei seiner Jungfernfahrt von der Polizei gestoppt und konfisziert. Der Grund: Gesetzwidrig, bekäme niemals eine Strassenzulassung.

Sicher haben die Experten der Schweizer Verkehrsämter einleuchtende Gründe, warum gewisse Gefährte keine Strassenzulassung bekommen. Das trifft beispielsweise dann ein, wenn die Mobile als gesundheitsgefährdend für Fahrer und Passanten eingestuft werden. Doch, Hand aufs Herz, ist Sebastian Küttels «Autöffli» mit seiner geschützten Fahrerkabine wirklich gefährlicher als ein normales Hödi, das dem Lenker keinerlei, aber wirklich keinerlei Schutz bietet? Ein nacktes Töffli hingegen steht nicht im Verdacht, Leib und Leben zu gefährden.

Was ist schon «sicher»?

Und wenn wir gleich dabei sind: Diese dreirädrigen Piaggio Ape Lieferwagen, die so mancher Comestibles-Lieferant in der Schweiz fährt? Wie ist deren Kurvenverhalten zu bewerten? Ganz zu schweigen von den Steyr-Puch Haflinger der Schweizer Armee, die regelmässig Berghänge hinunterrollten und Jahr für Jahr junge Opfer fürs Vaterland forderten ... Dagegen liegt das Jonschwiler Autöffli mit seinem tiefen Schwerpunkt satt und sicher auf der Strasse.

Der Frust für Sebastian muss enorm sein: Küttel hat viel Liebe, Zeit und Arbeit in sein Gefährt investiert. Aber nicht nur Blut und Schweiss, sondern auch - jawohl! - Erfindergeist und Elan, die nun durch ein engstirniges Zulassungsreglement zunichte gemacht werden. Eine Option bleibt ihm aber offen: auswandern. Nach England zum Beispiel. Da dort die Zulassungsbedingungen etwas lockerer sind, gibt es fahrende Sofas, Gartenhäuschen und Einkaufswagen, die alle gesetzlich zugelassen und somit offiziell strassentauglich sind.

Das schnellste Möbelstück der Welt

Jawohl, verehrte Leser, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: fahrende Sofas. Das bekannteste stammt von Konstrukteur Edd China, der inzwischen ziemliche Berühmtheit erlangt hat, seit er einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde für das «schnellste Möbelstück» ergatterte. 150 Stundenkilometer ist seine Couch schnell.

«The Casual Lofa» heisst sein dreirädriges, mit einem Leopardenfell bezogenes Sofa, das einen 850cc-Mini-Motor und eine Mini-Hinterachse aufweist. Ausserdem wartet das gute Stück mit einem vorgelagerten Kaffeetisch nebst Fernseher auf, hat eine Uhr (als Tacho), eine Stehlampe und einleuchtenderweise auch Frontscheinwerfer. Als Schaltknüppel dient eine Cola-Büchse, eine Pizza als Lenkrad. Bekäme so etwas in der Schweiz eine Strassenzulassung? Man bedenke: England ist nicht zwingend bekannt dafür, eine markant höhere Unfallquote als die Schweiz zu haben.

«Autofahren auf Prozac»

Sehr wohl ist aber England für andere Dinge bekannt: Humor und Exzentrik, um nur zwei Beispiele zu nennen. «Die Frage war: Kann ich etwas konstruieren, das zwar den gesetzlichen Vorschriften genügt, aber so verrückt ist, dass keiner es jemals auf der Strasse erwarten würde?», so Edd China. «Natürlich, als ich es fertig hatte, stellte ich fest, dass es einfach riesigen Spass macht, damit in der Stadt herumzufahren. Alle lieben es - es ist wie Autofahren auf Prozac.» Der Schweizer Tüftler dürfte ähnliche Beweggründe für sein Hingucker-Projekt gehabt haben. Doch bei allzu viel Spass tritt das hiesige Strassenverkehrsamt auf die Bremse.

Video: Sofa, Gartenhäuschen und Abfallmulde ... im «Top Gear»-Test»

Es wäre Küttel von Herzen zu wünschen, dass er in Zukunft weitere, vielleicht noch ausgefallenere Gefährte konstruieren kann. Vielleicht geht es gerade um die Herausforderung, innerhalb des gesetzlichen Rahmens kreativ zu werden. Edd China hat die Latte schon mal sehr hoch gelegt. Er hat bereits ein fahrendes Büro konstruiert, einen übergrossen Einkaufskarren, fahrende Gartenhäuschen, Badezimmer und Himmelbetten und einen von acht Motorsägen-Motoren angetriebenen Go-Kart. Alle sind übrigens zugelassen.

Edd Chinas «Wackiest Racers»-Trailer

So fährt sich eine Kettensäge.

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