Sex-StudieSchüler klagen über miese Aufklärung
Die Lehrer brauchen Nachhilfe im Sexunterricht: Dies glauben die Schweizer Schüler laut einer neuen Studie. Experten sehen die Lehrer selbst als grösstes Hindernis in der Sexkunde.
Lukas Geiser von der Beratungsstelle Lust und Frust spricht über die letzten Sex-Tabus der Jugendlichen. (Video: Keystone)
Das ist ein dickes Ding: Mit dem Tipp-Ex-Stift will der Walliser Bildungsdirektor Claude Roch (65) das Aufklärungs-Lehrmittel «Schritte ins Leben» zensurieren lassen. Der Grund ist, dass ihm die Aufklärungs-Links im Buch zu weit geben. Dort geben Sexualpädagogen etwa Tipps zur Selbstbefriedigung oder Analverkehr.
Lehrer brauchen Nachhilfe
Die Schweizer Jugendlichen hätten es aber besonders nötig, mehr über die schönste Nebensache der Welt zu erfahren. Laut einer am Dienstag publizierten Durex-Umfrage glaubt eine Mehrheit der Teenager, dass sie nicht umfassend genug über Sex Bescheid wissen. Sie trauen offenbar auch ihren Lehrern nicht zu, ihr Wissen zu vergrössern: Über die Hälfte der 1200 Umfrageteilnehmern aus der Schweiz vertritt die Meinung, dass das Lehrpersonal nicht genug ausgebildet ist, um sexuelle Aufklärung zu leisten. Beispielsweise glaubt ein Fünftel der befragten Schüler, dass man sich auf der Toilette mit Geschlechtskrankheiten anstecken kann.
Für Lukas Geiser, Sexualpädagoge bei der Beratungsstelle «Lust und Frust», ist dies keine Überraschung: « Lehrer sind oft unsicher und teilweise fehlt es an der nötigen Kompetenz, um Sexualkunde zu unterrichten.» Gute Aufklärung bedinge auch eine bessere Ausbildung der Lehrkräfte. An vielen Pädagogischen Hochschulen sei Sexualkunde noch immer kein Pflichtfach im Studium. «Es kommen vermehrt ganze Schulen auf uns zu, welche um Unterstützung bei der Entwicklung von sexualpädagogischen Konzepten bitten», sagt Geiser. Die Anforderungen an die Lehrer seien gewachsen. Jugendliche treffen durch Medien und Internet mehr auf das Thema Sexualität, und fordern konkrete Antworten auf ihre Fragen: «Vor 10 Jahren fragten die Teenager nach Sexstellungen. Heute, ob Analverkehr weh macht.»
Sexualpädagogen als Mangelware
Bruno Wermuth, Sexualexperte von 20 Minuten Online und selber Sexualpädagoge, sieht einen Rollenkonflikt als grösstes Hindernis im Sexualunterricht: «Lehrer sind in erster Linie Respektpersonen. Dadurch ist es schwierig, zuerst über Mathematik und eine Stunde später über sexuelle Vorlieben zu diskutieren.» Deshalb sei es nötig, für besonders heikle und intime Themen externe Sexualpädagogen an die Schule zu holen. «Leider gibt es in der Deutschschweiz davon aber immer noch zu wenig.»