Klatten-Erpresser«Alexandre» sollte sie glücklich machen
Das Leben des Schweizer Gigolos Helg Sgarbi wurde für einen Schweizer Dok-Film neu ausgeleuchtet. Im Mittelpunkt steht seine Affäre mit einer 83-jährigen Comtesse.
Als Helg Sgarbi im Jahr 2001 die 83-jährige Gräfin Verena Du Pasquier-Geubels trifft, ist er knapp 36 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt heisst er allerdings nicht Sgarbi, sondern Russak. Das ist der Name seines Vaters, eines hohen Kadermitglieds bei Sulzer. Sgarbi und Du Pasquier sind am Dienstagabend auf SF1 die Protagonisten des Dokumentarfilms «Spaghetti, Sex und Videos», der die unglaubliche Affäre beleuchtet.
Die rüstige Dame ist reich – und einsam. Später wird die Comtesse der Polizei erzählen, dass sie sich damals sehnlichst «einen starken Beschützer» wünschte. Den findet sie Ende Mai in einer Hotelbar des «Hotel de Paris» im noblen Monte Carlo. Ein wenig Small-Talk, drei rote Rosen und ein gemeinsames Mittagessen später wird der junge Helg ihr Liebhaber.
Der Trick mit der Mafia
Bald ist von Hochzeit die Rede. Die 83-Jährige fühle sich wie ein «20-jähriges Mädchen», erzählt sie einer Freundin. Weil sie in letzter Zeit viel Geld an der Börse verliert, bietet sie ihrem Freund – den sie lieber «Alexandre» nennt – an, ihre Millionen zu verwalten. Der willigt ein und die alte Dame freut sich, «endlich einen jungen Mann» gefunden zu haben, «der ans Arbeiten denkt und nicht ans Ausnützen.» Sgarbi zeigt sich inzwischen sehr beschäftigt, reist «geschäftlich» nach Ägypten, dann nach Italien.
Wenige Wochen nach ihrem ersten Treffen hat der Lover eine schlechte Nachricht zu vermelden: Er habe das Kind einer italo-amerikanischen Mafiafamilie angefahren und werde nun bedroht. Sollte er nicht umgehend 650 000 Franken zahlen, lande er im Rollstuhl. Kurz darauf heisst es, die Mafia wisse von seiner Beziehung mit einer reichen Frau und wolle nun etwas mehr Geld: 2 Millionen. Die Comtesse gibt Sgarbi das Geld – und plant weiter auf die Traumhochzeit.
Freund und Millionen-Verwalter
Mittlerweile verwaltet der junge Freund mit freier Hand die Millionen seiner Zukünftigen. Er verkauft Aktien und Obligationen, lässt sich vier Millionen Franken auf sein Konto auszahlen – angeblich, um Kunst zu kaufen. Weitere 750 000 Franken «investiert» er in eine Glacé-Fabrik in Italien. Insgesamt verschwinden innert kürzester Zeit 24 Millionen Franken.
Mitte August erzählt eine Freundin der Comtesse, Sgarbi habe bereits andere Frauen betrogen, der Typ sei ein Betrüger. Verena Du Pasquier zeigt ihren Liebhaber an. Sgarbi wird in Genf verhaftet und landet für zwei Wochen im Gefängnis. Vor Gericht spielt er den Unschuldigen, gleichzeitig bedroht er die alte Dame massiv.
Das Erbe schwebt nun im Nirvana
Diese zieht kurz darauf die Anzeige zurück, unter der Bedingung, das sie ihre Millionen zurückerhält. Von den 24 Millionen tauchen 20 wieder auf. Anwaltskosten dazugerechnet, kostet die sechswöchige Affäre die Comtesse 7 Millionen Franken.
Sgarbi wird freigelassen. Ein Jahr später will Verena Du Pasquier den Fall neu aufrollen lassen, stellt aber den Antrag an die falsche Stelle. Da gibt sie endgültig auf. Zwei Jahre später stirbt sie unter mysteriösen Umständen in Monaco. Eine junge Italienerin ist ihre letzte Begleitung. Die diversen Testamente der Gräfin sind nicht eindeutig; bis heute konnte ihr Erbe nicht verteilt werden. Die einzigen Profiteure dieser Situation sind ihre Anwälte.
TV-Tipp:
«Spaghetti, Sex und Videos»
(CH/IT/DE, 2011)
Regie: Aldo Gugolz
Laufzeit: 58'
1. Dezember 2011
20.05 Uhr
SF1