Islamische Reality-Show«Muslime sind wie wir - die Nazis aber auch»
Die TV-Show «All American Muslim» ist eine simple Reality-Doku über fünf islamische Familien. Doch in den USA hat sie eine Debatte über Gehirnwäsche, Nazis und Pro-Dschihad-Propaganda entfacht.
Die neueste Skandalsendung im US-TV hat nichts mit Porno, nichts mit Demütigung oder Mord und Totschlag zu tun. Die Reality-Doku «All American Muslim» begleitet fünf stinknormale islamische Familien im Alltag. Beim Heiraten, beim sich Verlieben, beim Einkaufen, beim Gebet – bei Dingen des täglichen Lebens. Teilweise mit, teilweise ohne Kopftuch.
Radikal-konservative Christen erbost
Und trotzdem schlug das Format des Weiterbildungs-Senders TLC ein wie eine Bombe. Radikal christliche Kreise sind empört und wittern beim Quotenhit zur Primetime Schändliches. Den Zorn der Andersgläubigen bekam etwa der US-Baumarkt Lowe's zu spüren. Die konservativ-christliche «Florida Family Association» rief ihre Sympathisanten dazu auf, Emails an Lowe's Werbeabteilung zu schicken, mit der dringlichen Forderung, Werbung während «All American Muslim» zu stoppen. Die Begründung ist faszinierend: Das Programm sei «Propaganda» und verschleiere, dass manche islamische Gläubige eine «Gefahr für die amerikanische Freiheit und traditionellen Werte» darstellten, zitiert der «Spiegel» die Organisation.
Alte Ängste kochen hoch
Laut einer Studie des FBI sind die Verbrechen gegen Muslime im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegen. Das heisst nicht, dass halb Amerika hinter jeder Hecke einen Osama bin Laden wittert. Aber es zeigt: Die unbestimmte Angst vor dem vermeintlich «Fremden» ist noch da – und bei manchen US-Bürgern besonders tief verwurzelt.
So zitiert der britische «Guardian» den Autor eines nichtgenannten islamophoben Netzwerks: «Moslems sind wie wir. Aber genau das ist das Problem. Die Nazis waren auch wie wir. Und die Kommunisten auch.» Zur Erinnerung: Des Pudels Kern ist nach wie vor eine harmlose Reality-Doku über fünf islamische Familien aus Michigan.
Genau das mögen die Fans der Sendung. Sie sehen die zweimal wöchentlich gesendete Doku als willkommene Abwechslung von gängigen Klischees. Sie rücke Moslems weg vom Bild der Terroristen, Taxi-Fahrer und Extremisten.
«bigott und beschämend»
Der Baumarkt wollte trotzdem nichts mehr mit TLC zu tun haben: «Unsere Entscheidung, die Werbung aus dem Programm zu nehmen, beruht auf Recherchen und auf den Bedenken, die uns in verschiedenen Emails, Telefonanrufen, Sozialen Medien und über Zeitungsartikel erreicht haben», sagt Lowe's Pressesprecherin gegenüber «hollywoodreporter.com». Das sei «bigott, beschämend und unamerikanisch» kontert der demokratische Senator Ted Lieu. Das Unternehmen soll sich bei allen Muslimen im Land entschuldigen, fordert er. Auch der Leiter des Rats für amerikanisch-islamische Beziehungen in Michigan, Dawud Walid, verurteilt die «Kapitulation vor der Frömmelei».
Der Streit ist längst noch nicht beigelegt. Und soll jetzt zum Thema im Senat werden. Der ist schliesslich für die Bewahrung amerikanischer Werte wie Freiheit und Demokratie zuständig. Bis dahin freut sich der Sender TLC – und streicht zweimal wöchentlich die zweitbeste Quote zur Primetime ein. Und die fünf normalo-muslimischen Familien gehen weiterhin in Begleitung von Kamerateams einkaufen – mit oder ohne Kopftuch.