Der «Fickfrosch» mit dem Freibrief zum Lästern

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«DSDS»Der «Fickfrosch» mit dem Freibrief zum Lästern

RTL legt mit Freak-Kandidaten und harten Sprüchen die Latte noch einmal tiefer. «Fickfrosch Freddy», Bohlens neues Jurymitglied, macht es nicht besser.

Bettina Bendiner
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Bettina Bendiner

Deutschland hat schon zu Beginn der neuen Staffel von «Deutschland sucht den Superstar» einen Gewinner gefunden: Der ist klein, grün, giftig – und ein animierter Frosch. Der neuste Streich aus Dieter Bohlens Hitfabrik heisst «Fickfrosch Freddy». Warum? Das weiss keiner. Denn kopuliert wird selbst im RTL-Bespassungsprogramm nicht. Freddy ist bereits ein Held, hat mehr Facebook-Fan-Gruppen als Dieter Bohlen und den Freibrief zum Lästern. Wenn Jurorin Fernanda Brandao süss in die Kamera lächelt und Kollege Patrick Nuo Nachwuchs-Gemeinheiten von sich gibt, spricht Freddy Tacheles.

Wen wundert's? Bohlen hat ihn schliesslich selbst erfunden. Einst sagte er zu einem Kandidaten: «In meinem Teich hab ich einen Frosch. Der heisst Freddy der Fickfrosch. Und sogar der singt besser als du.» Auf Freddys Seite heisst es: «Er begleitet die witzigsten Kandidaten der Show und würde selbst auch gern Superstar werden!» Seine Chancen stehen gut: Böse Zungen glauben, dass die neue Jury Bohlen eben doch ein wenig zu farblos war. Laut Insidern bestand der Chefjuror für die achte DSDS-Staffel auf einer animierten Witzfigur.

Barbusige Offenbarung

Doch einen Witzfiguren-Mangel muss DSDS (auch) 2011 eigentlich nicht beklagen. Klar, die richtig ernsthafte Sängersuche geht erst im Recall los. Bei den Sendungen über die Massen-Castings ernten Freaks, Fregatten und Falsch-Sänger ihre fünf Sekunden Ruhm. So zeigt in der Auftaktsendung am 8. Januar Kandidatin Hendrikje Padula vollen Brusteinsatz. «Ich bin verliebt in Dieter Bohlen», gesteht sie einem Millionenpublikum.

Für ihren Dieter würde sie sich sogar scheiden lassen. Der Ehemann sitzt derweil im Foyer, hört mit und sieht furchterregende Offenbarungen. So entblösst seine Frau vor laufender Kamera ihre Brüste, lustige Bommeln verdecken die Nippel. Minutenlang wackelts und wedelts im Brustbereich. Das Resultat: Kein Ticket in den Recall und quälend lange Minuten des Fremdschämens. Das dachte auch der Ehemann. Er trennte sich laut dem RTL-Morgenmagazin direkt nach dem Auftritt von seiner Ehefrau.

Todkranke Mutter als Show-Rakete

Doch der Spuk ist damit nicht vorbei. Mit Kandidat Stefan Simon serviert RTL Tränen, Trauer und Trost auf dem Silbertablett – und erklimmt den Gipfel der Geschmacklosigkeit. Der Hobby-Sänger reist mit seiner schwerkranken Mutter an. Sie leidet an Krebs, wartet im Rollstuhl und mit Sauerstoffflasche versorgt vor der Tür auf ihren Sohn. Er finde Ablenkung in der Musik, sagt der Junge, der nicht arbeiten kann, weil er seine Mutter pflegt.

Nachdem das tragische Schicksal breitgetreten und ausreichend Mitleid geheuchelt wurde, darf er doch noch singen. Inbrünstig präsentiert er Robbie Williams «Angels». Nach zwei Takten ist klar: Das wird nichts. Zynisch wirkt dann die Schaltung zur Mama draussen, die krächzt: «Er hat das Zeug zum Superstar.» Zeitgleich erlebt der Sohnemann das grosse Scheitern und wirkt dank geschickter Schnitttechnik noch kleiner und lächerlicher. Kaum ist er draussen, frohlockt Bohlen: Er hätte ihn fertig gemacht, hätte Simon nicht seine todkranke Mutter dabeigehabt.

RTL sagt: Die Kandidaten seien alle freiwillig da. Das stimmt. Und nach sieben Staffeln sollte klar sein, auf was sie sich alle einlassen. Wer will da noch eine moralische Debatte führen. RTLs Sauglattismus mit Fickfröschen, Prollsprüchen und lahmen Kandidaten kann man lustig oder blöd finden. Nur beim temporären Fremdschämen sind wahrscheinlich alle dabei. Die rund 60 Sendeminuten plätscherten vor sich hin – und legten die Latte tiefer.

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