Kampfpiloten wollen nichts von Notabschuss wissen

Aktualisiert

Kampfpiloten wollen nichts von Notabschuss wissen

Kampfjet-Piloten der Bundeswehr sind offenkundig nicht zum Gehorsam bereit, wenn Verteidigungsminister Franz Josef Jung den Abschuss eines als Terrorwaffe genutzten Passagierflugzeugs befiehlt.

Dem CDU-Politiker schlug am Dienstag zudem eine Welle der Empörung entgegen, die bis in den Deutschen Richterbund reichte. Führende Mitglieder der Unionsfraktion nahmen jedoch Jung und auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble wegen ihrer Pläne zur Terrorabwehr in Schutz.

Der Vorsitzende des Verbandes der Besatzungen strahlgeriebener Kampfflugzeuge der Bundeswehr, Thomas Wassmann, erklärte im MDR, zur Zeit sehe er niemanden im Verband, der bereit sei, einen Abschussbefehl zu befolgen. Wassmann widersprach damit Jung, der gesagt hatte, er habe sich der Loyalität von Piloten versichert. In N-24 fügte Wassmann hinzu, eine entsprechende Umfrage der Militärführung habe es gegeben, bevor Karlsruhe das Luftsicherheitsgesetz gekippt habe.

Der Bundeswehrverband rief die Kampfjet-Piloten erneut zur Gehorsamsverweigerung auf: «Solange die Rechtslage nicht geklärt ist: auf dieser Basis keinen Befehl ausführen», sagte der Verbandsvorsitzende Bernhard Gertz am Dienstag im ARD-»Morgenmagazin».

Limbach kritisiert Schwatzhaftigkeit

Die ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, reagierte konsterniert: «Ich begreife gar nicht die Schwatzhaftigkeit der Politiker auf diesem so wichtigen Feld», sagte Limbach der Nachrichtenagentur AP am Rande des Deutschen Richter- und Staatsanwaltstages in Würzburg. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Christoph Frank, kritisierte, dass ein Minister sich über den Spruch des Verfassungsgerichts hinwegsetze.

SPD-Fraktionsvorsitzender Peter Struck erklärte: «Ich stehe eindeutig auf der Seite der Piloten.» Es dürften keine rechtswidrigen Befehle befolgt werden. «Das lernt jeder Wehrpflichtige im ersten Monat». Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Olaf Scholz, warnte Jung davor, mit der aktuellen Debatte Stimmung für den Einsatz der Bundeswehr im Innern zu machen.

Auch die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einem rechtswidrigen Befehl und forderte Bundeswehr-Piloten im WDR zum Widerstand auf. FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle forderte ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer verlangte im ARD-Mittagsmagazin erneut den Rücktritt Jungs. Die stellvertretenden Vorsitzende der Linksfraktion, Petra Pau, warf Jung im Nachrichtensender n-tv ein «schäbiges Spiel» mit den Ängsten der Menschen vor.

Führende Unionspolitiker riefen die SPD zum Einlenken im Streit über neue Sicherheitsgesetze auf. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer machten deutlich, dass Jung lediglich darauf hingewiesen habe, dass es noch immer keine gesetzliche Regelung gebe und er sich daher notfalls auf den übergesetzlichen Notstand berufen müsse.

Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus will Bundesjustizministerin Brigitte Zypries zwei Gesetzeslücken im Strafrecht schliessen. Sowohl die Vorbereitung als auch die Anleitung zu einer Gewalttat sollen künftig strafbar sein. Der Aufenthalt in einem so genannten Terrorcamp allein soll auch künftig nicht bestraft werden. (dapd)

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