UNO-Menschenrechtsrat: Schweiz am Pranger
Vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf hat die Schweiz Kritik für ihre Behandlung von ausländischen Menschen einstecken müssen. Der Vorschlag aus Bern, eine nationale Institution für Menschenrechte einzurichten, erhielt dagegen Unterstützung.
Der UNO-Menschenrechtsrat hat in dieser Woche die periodische Überprüfung (EPU) der Menschenrechte in den einzelnen Ländern begonnen. Während zwei Wochen stehen 16 Länder auf dem Prüfstand, am Donnerstag war die Reihe an der Schweiz.
Aussenministerin Micheline Calmy-Rey begrüsste den «offenen Dialog», der dabei mit den UNO-Mitgliedern gepflegt werden konnte. Während dreier Stunden debattierte der UNO-Menschenrechtsrat die Menschenrechtslage in der Schweiz.
Rund 40 Staaten brachten an den Berichten Bemerkungen an, stellten Fragen und gaben Empfehlungen ab. Befürchtungen wurden namentlich im Zusammenhang mit der Volksabstimmung vom 1. Juni über die Einbürgerungsinitiative geäussert. Interventionen kamen etwa von den Delegationen aus Belgien, Finnland und Norwegen.
So fragten sich Votanten, ob bei einer Annahme der SVP-Initiative nicht internationale Verpflichtungen, welche die Schweiz eingegangen sei, auf der Strecke blieben und so grundlegende Rechte verletzt würden.
Calmy-Rey versicherte im Menschenrechtsrat jedoch, dass die Schweizer Behörden abgeklärt hätten, ob die Initiative mit dem Völkerrecht in Einklag gebracht werden kann. Zudem müsse das Ausführungsgesetz vom Parlament verabschiedet werden. Auch bleibe der Gang an das Bundesgericht in Lausanne weiterhin offen.
Das angeblich «fremdenfeindliche Klima» in der Schweiz und die «Anstachelung zum Rassenhass einiger politischen Parteien» oder «rassistische Plakate» wurden von Vertretern aus allen Ländergruppen zum Anlass von Interventionen genommen.
Positive Menschenrechtsinstitution
Unterstützung zahlreicher Länder fand das Projekt zur Schaffung einer nationalen Institution für Menschenrechte in der Schweiz. Nach Angaben von Bundesrätin Calmy-Rey befasst sich im Aussendepartement eine Arbeitsgruppe mit dieser Frage. Sie werde schon bald der Landesregierung einen Bericht vorlegen.
Slowenien beanstandete im Namen der EU die Vorbehalte der Schweiz gegen die UNO-Konvention für die Beseitigung aller Arten von Rassendiskriminierung.
Nun werden von drei Ländern Schlussfolgerungen gezogen. Für die Schweiz wurden Uruguay, Pakistan und Südafrika dafür bestimmt. Die Abstimmung wird am Dienstag erwartet.
NGO hoffen auf positive Impulse
Ein Zusammenschluss von 32 Schweizer Nichtregierungsorganisationen (NGO) zog nach der Debatte eine positive Bilanz. Die NGO seien zufrieden mit diesem ersten Schritt. Sie hofften nun, dass die von den Ländern erhobenen Kritiken und Bemerkungen auch Konsequenzen hätten, erklärte Daniel Bolomey, Generalsekretär von Amnesty International, vor den Medien in Genf.
Zahlreiche Interventionen hätten den Finger auf wunde Punkte in der Schweizer Menschenrechtspolitik gelegt, so etwa in der Migrationspolitik oder Tendenzen zur Rassendiskriminierung oder Fremdenfeindlichkeit. Die Debatte habe auch die negative Wirkung gewisser politscher Kampagnen für das Ansehen der Schweiz deutlich gemacht.
In den kommenden vier Jahren soll die Menschenrechtslage in allen 192 UNO-Mitgliedstaaten umfassend überprüft werden. Neben der Schweiz werden bis zum 19. Mai die Berichte über Gabon, Ghana, Peru, Guatemala, Benin, Südkorea, Pakistan, Sambia, Japan, die Ukraine, Sri Lanka, Frankreich, Tonga, Rumänien und Mali geprüft.
(sda)