«Keine Spaltung von Muslimen und Christen»

Aktualisiert

Wahlen in Ägypten«Keine Spaltung von Muslimen und Christen»

Die Muslimbruderschaft wird wohl stärkste Kraft bei den Wahlen in Ägypten und beruhigt die koptischen Christen, die darüber gar nicht erfreut sind.

Ägyptens politische Parteien buhlen nach dem Auftakt der Parlamentswahlen um weitere Wähler. Die Muslimbruderschaft, deren Partei wohl stärkste Kraft wird, bittet die Ägypter um Vertrauen. Die liberale Wafd-Partei will angesichts schlechter Ergebnisse ihr Image zu verbessern.

Im ersten Wahlgang war am letzten Montag und Dienstag in Kairo, Alexandria und sieben weiteren Provinzen gewählt worden. Ergebnisse stehen noch aus.

Klarer Gewinner dürfte aber die islamistische Muslimbruderschaft sein, der mehr als 40 Prozent zugeschrieben werden. Die radikal- islamistische Partei «Nur» (Licht) der Salafisten kommt nach inoffiziellen Angaben auf 20 Prozent und erreicht damit den zweiten Platz.

Saudis unterstützen Salafisten

Saudi-Arabien unterstützt und finanziert die ägyptischen Salafisten, die das Geld für die Armenhilfe einsetzen. Nach Schätzungen zahlte ihnen das Königreich allein in diesem Jahr vier Milliarden Dollar, wie ein Korrespondent des deutschen Fernsehsenders ZDF am Freitag sagte.

Die von linken und liberalen Parteien gebildete Ägyptische Allianz wird laut lokalen Medienberichten drittstärkste Kraft. Die Jugendbewegung, die derzeit die Proteste gegen die Militärregierung mit einer Besetzung des Kairoer Tahrir-Platzes dominiert, spielt kaum eine Rolle.

Muslimbrüder geben sich gemässigt

Der Vorsitzende der Partei «Freiheit und Gerechtigkeit» der Muslimbrüder, Mohammed Mursi, ging in einem Interview in der Zeitung «Gulfnews» (Samstag) auf die Ängste der koptischen Christen angesichts der erstarkten Islamisten ein.

«Wenn es um politische und soziale Alltagsthemen geht, wird es in Ägypten keine Spaltung zwischen Muslimen und Christen geben», versicherte er.

Vor dem Gesetz gebe es hier auch künftig keine Diskriminierung. Das islamische Recht, die «Scharia», werde zwar weiterhin die wichtigste Quelle der Gesetzgebung bleiben. Die Christen könnten dabei jedoch weiterhin nach ihrem religiösen Kodex leben.

Auch mit Blick auf die Wirtschaft wies er Bedenken gegen eine mögliche islamistische Regierung zurück. «Wir wollen jährlich 50 Millionen Touristen ins Land bringen», sagte Mursi.

Im Wahlkampf hatten islamistische Parolen gegen Alkohol und Bikinis vor allem in der Tourismusbranche für Unsicherheiten gesorgt. Mursi sagte: «Wer auch immer die Wahlen gewinnt, trägt eine grosse Verantwortung.»

Liberale wollen Image verbessern

Die traditionsreiche Partei Wafd will derweil angesichts ihres schlechten Abschneidens zum Wahlauftakt an ihrem Image arbeiten. Der Vorsitzende der im Jahr 1919 gegründeten Liberalen, Sajjid al- Badawi, räumte in der Zeitung «Al Ahram» (Samstag) ein, dass die Partei sich zu wenig im Wahlkampf engagiert habe.

Auch sei es unter den eigenen Kandidaten zu Konkurrenzkämpfen gekommen. Laut lokalen Medienberichten kam die Wafd im ersten Wahlgang auf lediglich 5 Prozent der Stimmen.

Die Parlamentswahlen werden am 14. Dezember in neun weiteren Provinzen fortgesetzt und am 3. Januar in den übrigen neun Regionen. Das Endergebnis wird am 13. Januar erwartet.

Das neue Parlament wird die Aufgabe haben, eine neue Verfassung zu formulieren. Ende Juni soll dann ein neuer Präsident gewählt werden. Der regierende Militärrat - so ist es zumindest vorgesehen - zieht sich dann aus der Politik zurück. (sda)

Erfolg von Islamisten in arabischer Welt beunruhigt Israel

Die Wahlerfolge von islamistischen Parteien in Ägypten und anderen Ländern der arabischen Welt beunruhigen Israel. Der Prozess der Islamisierung in den arabischen Ländern sei «sehr besorgniserregend», sagte Israels Verteidigungsminister Ehud Barak am Samstag.

Es sei allerdings «verfrüht zu sagen, wie diese Veränderungen die Region treffen werden». Mit Blick auf das Nachbarland Ägypten äusserte Barak im israelischen Fernsehen die Hoffnung, dass jede künftige Regierung verstehe, «dass es keine andere Wahl gibt, als die internationalen Verpflichtungen zu akzeptieren». Zu diesen gehöre auch der Friedensvertrag mit Israel.

In Ägypten haben islamisch geprägte Parteien die ersten Teilrunde der Parlamentswahlen offenbar klar gewonnen. Nach eigenen Angaben kam die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit der Muslimbrüder auf rund 40 Prozent der Stimmen. Die Partei El Nur der Salafisten erhielt Medienberichten zufolge überraschend etwa 20 Prozent.

Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in Marokko hatte Ende November die gemässigt islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) den Sieg davongetragen. In Tunesien hatte im Oktober die islamistische Partei Ennahda die Wahl zur verfassunggebenden Versammlung gewonnen. (sda)

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