Williams: «Können Sie die Vene nicht finden?»
Angeschnallt auf der Exekutions-Liege, gab der mehrfache Mörder Stanley «Tookie» Williams seinen Henkern offenbar Anweisungen, wo die Blutgefässe für die Giftinjektion zu finden seien.
Seine letzten Stunden verbrachte Stanley Williams laut Berichten der Behörden mit Freunden und Anwälten. Um 3 Uhr (MEZ) wurde er zur Vorbereitung der Hinrichtung in den Vorraum der Exekutionskammer gebracht. Er verzichtete auf eine Henkersmahlzeit, verlangte aber ein Glas Milch, das er auch bekam. Via Telefon konnte er während dieser Zeit weiter frei mit seinen Angehörigen sprechen. Er war laut Aussagen der Behörden in seinen letzten Stunden ruhig und gefasst. In einem vor wenigen Tagen durchgeführten Telefoninterview gab Williams an, dass er mit sich selber im Reinen sei.
Kurz nach Mitternacht örtlicher Zeit wurde mit der Exekutionsprozedur begonnen. Williams wurden vor Zeugen die Nadeln eingesetzt, über die das Gift in seinen Körper gelangen sollte. Diese Prozedur hat länger als gewöhnlich gedauert, weil die Vollzugsbeamten lange keine geeignete Vene in Williams linken Arm finden konnte. Frustriert ob der Verzögerung, hob der festgeschnallte Williams mehrmals den Kopf und gab Anweisungen, wie die Nadel am besten eingesetzt werden könnten: «Können Sie es immer noch nicht finden?» Ein Vertreter der Strafanstalt bestätigte den Vorfall. Sobald die Nadel angelegt worden sei, sei aber alles «absolut normal» verlaufen.
Ihm wurden hintereinander drei Lösungen injiziert. Die erste betäubte ihn, die zweite stoppte seine Atmung, die dritte seinen Herzschlag. Um 0.35 Uhr örtlicher Zeit wurde Williams offiziell für tot erklärt.
Stanley Williams sprach vor der Hinrichtung keine letzten Worte, übergab aber einer Vertrauten eine schriftliche Stellungnahme. Diese soll zu einem späteren Zeitpunkt verlesen werden.
Vor dem Gefängnis hatten sich rund 1.000 Anhänger und Gegner der Todesstrafe versammelt. Unter den Demonstranten waren der Bürgerrechtler Jesse Jackson, Folk-Sängerin Joan Baez und Schauspieler Mike Farrell. Baez sprach von «geplantem, antiseptischem, kaltblütigen Mord». Etwa 40 Demonstranten zogen zu Fuss von San Francisco nach San Quentin und forderten auf Plakaten ein Ende des «staatlich gesponserten Mordens». Andere erklärten, sie wollten an die Opfer Williams' erinnern.
Aufschub der Hinrichtung abgelehnt
Wenige Stunden vor der Hinrichtung des verurteilten vierfachen Mörders Stanley Tookie Williams hatte auch der Oberste Gerichtshof der USA eine Aussetzung der Exekution abgelehnt. Zuvor hatte bereits Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger eine Begnadigung des Todeskandidaten abgelehnt. Als Grund führte Schwarzenegger unter anderem an, dass sich Williams nicht für die vier Morde entschuldigt habe, die 1981 zu seiner Verurteilung geführt hatten. Williams hatte stets seine Unschuld beteuert. Auch zwei weitere Gerichte hatten entsprechende Anträge der Anwälte Williams zurückgewiesen. Die Hinrichtung Williams mit der Giftspritze war für 9.01 Uhr MEZ angesetzt.
Für Williams hatten sich Hollywood-Stars eingesetzt, 50'000 Menschen unterzeichneten eine Petition.
Williams wurde 1981 schuldig gesprochen, einen Supermarktangestellten sowie zwei Motelbesitzer und deren Tochter erschossen zu haben. Er bestritt die Morde. Gemeinsam mit einem Freund hatte er 1971 die Strassengang «Crips» gegründet. Im Gefängnis sagte er sich von seiner Vergangenheit los und wurde zu einem Prediger gegen die Gewalt. Er schrieb in der Haft Kinderbücher und wurde für seinen Einsatz gegen Gewalt in den vergangenen Jahren fünf Mal für den Friedensnobelpreis und vier Mal für den Literaturnobelpreis nominiert.
Seine Anhänger hatten sich in einem Brief noch einmal direkt an Schwarzenegger gewandt. Sie erklärten, es sei ein neuer Zeuge aufgetaucht, der die Unschuld des Verurteilten beweisen könne. Doch der Gouverneur liess sich nicht umstimmen und lehnte am Montag ein Gnadengesuch ab. Die Faktenlage erlaube es nicht, die Entscheidung des Gerichts zu überstimmen, argumentierte er. Schwarzenegger hätte die Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe umwandeln können.
Der letzte kalifornische Gouverneur, der einen Todeskandidaten begnadigte, war Ronald Reagan im Jahr 1967. Williams war der zwölfte Verurteilte, der seit Wiedereinführung der Todesstrafe in Kalifornien 1977 hingerichtet wurde. (dapd)