Anti-Minarett-KampagneMinarett-Sujet: Rechtsextremer Exportschlager
Und wieder ist der SVP ein erfolgreiches Exportprodukt für rechtsextreme Kreise im Ausland gelungen: Das Anti-Minarett-Plakat ziert seit Neustem auch die Bierbäuche britischer Neonazis. Die verantwortliche Schweizer Werbeagentur ist verärgert über den Sujet-Klau.
«Spill-over» nennen die Ökonomen diesen Effekt: Das mediale Getöse um die Anti-Minarett-Plakatkampagne wurde auch im Ausland gehört und produktiv umgesetzt. Nachdem bereits vor zwei Jahren rechtsextreme Parteien in Deutschland und Italien das SVP-Plakat mit dem rausbugsierten schwarzen Schaf kopiert haben, ist den SVP-Werbestrategen mit dem aktuellen Poster ein Coup gelungen, der über das europäische Festland hinaus Wirkung zeigt.
Basierend auf dem «ungeheuer erfolgreichen» Schweizer Anti-Minarett Plakat der SVP habe man sich in England die SVP-Kampagne zu Nutzen gemacht, um auf die übermässige muslimische Migration in England aufmerksam zu machen, heisst es auf der Webseite der rechtsextremen British National Party (BNP). Die bescheiden originelle Adaption des Schweizer Vorbilds zeigt eine fast identische Abbildung der verhüllten Frau im Vordergrund und Minarette, welche die Nationalflagge Grossbritanniens durchstechen. Dazu in grossen Lettern ein Zitat des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdogan. Dieser hatte seinerseits vor über zehn Jahren das Gedicht eines türkischen Poeten zitiert: «Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.»
Abgekupfert bei der SVP - angereichert mit alten Slogans
Erdogan wurde für seine «religiöse Poesie» von den streng laizistischen Richtern zu einigen Jahren hinter Gittern verurteilt. Zwischenzeitlich hat dieser aber immer wieder beteuert, dass man seine Worte falsch ausgelegt habe. Doch nun missbraucht die rechtsradikale BNP den Fehltritt des türkischen Premiers für ihre Propaganda gegen den Beitritt der Türkei in die EU: Neben dem Erdogan-Zitat hat die BNP auf ihrer Version des Anti-Minarett-Plakats auch zwei «Facts» abgedruckt. Fakt 1: Alle regierenden Parteien Grossbritanniens würden den Beitritt der Türkei in die EU befürworten. Fakt zwei: «Die BNP ist die einzige Partei, welche sich dem EU-Beitritt der Türkei und der Islamisierung Grossbritanniens entgegenstellt.»
Schon bald als T-Shirt im EU-Parlament?
Die rechtsradikale BNP begann in den 1980er-Jahren als monothematische Partei, deren politisches Ziel vorrangig die Rückschaffung aller Immigranten Grossbritanniens ist. Vor Kurzem gelang der BNP sogar der Sprung ins Europarlament. Vielleicht tauchen in Brüssel schon bald die ersten BNP-Abgeordneten mit dem T-Shirt der abgekupferten SVP-Kampagne und dem Erdogan-Zitat auf, denn auf der BNP-Homepage kann sich, wer will, nicht nur Plakate bestellen, sondern auch T-Shirts in allen Grössen. Die gibt es als Lang- oder Kurzarm bis zur Bierbauch-Grösse XXXL. Wie erfolgreich der Verkauf der T-Shirts angelaufen ist, kann man an den Kommentaren auf der Homepage lesen: «Wow! What a stunning T-Shirt», schreibt jemand, «and it portrays the message very well. Well done!»
Weniger geglückt findet Andreas Segert, der Geschäftsführer der Werbeagentur Goal und damit Urheber des Anti-Minarett-Plakats, die Kampagne der Briten: «Wir wehren uns gegen jeglichen Missbrauch unserer Kampagnen und werden dagegen klagen», wie Geschäftsführer Alexander Segert gegenüber 20 Minuten Online sagt.