CIA-VerhörmethodenInsekten, Schlafentzug und Waterboarding
Das Weisse Haus hat vier geheime Memos veröffentlicht. Sie dokumentieren in allen Einzelheiten die harten Praktiken, mit denen Terrorverdächtige unter Ex-Präsident George W. Bush «verhört» wurden.
Die Verhörtechniken unter seinem Vorgänger hätten die moralische Autorität der USA untergraben und das Land nicht sicherer gemacht, sagte Präsident Barack Obama am Donnerstag in Washington. Seine Regierung habe von den Methoden bereits Abstand genommen. Mit der Offenlegung der Verhör-Memos wolle er nun dafür sorgen, dass von der Vergangenheit kein falsches Bild gezeichnet werde.
In den internen Vermerken der Bush-Regierung geht es um die Zulassung umstrittener Verhörtechniken gegen Terrorverdächtige nach den Anschlägen von 11. September 2001. Obama ordnete die Veröffentlichung an, nachdem die Bürgerrechtsorganisation «American Civil Liberties Union» (ACLU) auf ihre Herausgabe geklagt hatte.
Die Memos dokumentieren den Einsatz von zahlreichen Verhörmethoden durch den Geheimdienst CIA. Sie zeigen auch, wie sich das Justizministerium geradezu pedantisch bemühte, dass dabei keine bleibenden körperlichen und psychischen Schäden entstehen, die den Tatbestand der Folter gemäss US-Gesetzgebung erfüllen. Eine Übersicht:
Schlafentzug: Dabei wird ein Gefangener in stehender Haltung angekettet und dadurch am Einschlafen gehindert. Bei Anwendung in einem beschränkten Zeitraum würden keine bleibenden Schäden entstehen, heisst es im Memo. In Kombination mit anderen Methoden müsse der Schlafentzug durch medizinisches Personal überwacht werden.
Nacktheit: Bei passender Temperatur und guter Gesundheit darf ein Inhaftierter nackt gehalten werden, was zu einem Gefühl der Erniedrigung führen könne.
Nahrungs-Manipulation: Normales Essen kann durch flüssige, unappetitliche Ernährung ersetzt werden. Das Memo macht Vergleiche mit handelsüblichen Diätnahrungen.
Schläge in Bauch und Gesicht: Sie sind erlaubt, so lange der Befrager keine Ringe oder anderern Schmuck an der Hand trägt und sollen nur geringe Schmerzen verursachen.
Waterboarding: Bei der umstrittensten Verhörmethode wird dem Verdächtigen ein Tuch auf das Gesicht gelegt und während 20 bis 40 Sekunden Wasser darauf gegossen (siehe obiges Video). Dabei wird ein Gefühl der Ertrinkens simuliert. In einer Fussnote stellt das Justizministerium selber die Frage, ob diese Methode nicht doch dem Tatbestand der Folter entspricht.
Wandstehen: Der Häftling steht etwa 1,5 Meter von einer Wand entfernt und muss sich daran nur mit den Fingerspitzen abstützen. Dadurch soll Muskelermüdung entstehen.
Wasserdusche: Aus einem Behälter oder mit einem Schlauch wird der Gefangene mit kaltem Wasser übergossen. Dieses müsse trinkbar sein und dürfe nicht in Nase, Mund oder Augen des Befragten eindringen.
Stresshaltungen: Der Verhörte wird gezwungen, eine unnatürliche Körperhaltung einzunehmen. Ziel sind keine unerträglichen Schmerzen, sondern Muskelermüdung.
Einsperren auf engem Raum: Für eine gewisse Zeit wird ein Gefangener in einem Raum eingesperrt, in dem er sich nur eingeschränkt bewegen kann und der für gewöhnlich dunkel ist. Dies könne zu einer Verwirrung der Sinne führen, aber nur bei extremer Anwendung.
Insekten: Diese Methode war offenbar beim Al-Kaida-Häftling Abu Zubaida geplant, weil er sich vor Insekten fürchtet. Er sollte zusammen mit einem stechenden Insekt in eine Kiste gesperrt werden, heisst es im Memo vom Mai 2005. In Wirklichkeit war ein harmloses Tier vorgesehen, etwa eine Raupe. Aus rechtlichen Gründen müsse man Zubaida aber informieren, dass «der Stich des Insekts nicht tödlich ist und keine unerträglichen Schmerzen verursachen wird», so das Justizministerium.
Wandwurf: Der Befrager stösst den Verdächtigen «schnell und heftig» gegen eine biegsame Wand. Kopf und Nacken werden durch eine Kappe oder ein Tuch geschützt. Das Geräusch des Aufpralls sei «viel schlimmer» als eine mögliche Verletzung.
Menschenrechtler sind enttäuscht
Präsident Obama hat am Donnerstag angeordnet, dass Mitarbeiter der CIA nicht wegen Folter angeklagt werden sollen. Menschenrechtler kritisierten die Entscheidung scharf. Das Center for Constitutional Rights erklärte, dies sei eine der «schwersten Enttäuschungen» durch die neue Regierung. Larry Cox, stellvertretender Direktor von Amnesty International, beklagte den «Freifahrtschein aus der Haft» für Menschen, die in Folter verwickelt waren. Mit der Zusicherung von Straffreiheit will Obama der Sorge innerhalb der CIA entgegenwirken, die US-Medienberichten zufolge zuletzt für Unruhe gesorgt hatte. Der neue Direktor Leon Panetta hatte sich in einem Memo klar gegen eine Strafverfolgung ausgesprochen.