Nordkorea isoliert: Sogar China wendet sich ab
Der nordkoreanische Atomtest scheint Diktator Kim Jong-Il auch noch seinen letzten Verbündeten zu kosten. Auch das kommunistische China scheint nun zu harten Sanktionen gegen das Regime des bitterarmen Landes bereit zu sein.
Die Volksrepublik China will sich nach südkoreanischen Angaben UN-Sanktionen gegen Nordkorea nicht widersetzen. Die Regierung in Peking habe ihren Widerstand gegen harte Sanktionen gemäss Kapitel sieben anscheinend aufgegeben, sagte der Gesandte für atomare Angelegenheiten, Chun Young Woo, am Dienstag nach der Rückkehr aus China. Er bezog sich dabei auf den Teil der UN-Charta, nach dem Sanktionen gegen ein Land verhängt werden können. «Ich glaube, China wird alles in seiner Macht Stehende tun, um Nordkorea von einer weiteren Eskalation der Lage abzuhalten und an den Verhandlungstisch zurückzubringen», sagte Chun. Allerdings habe Peking auch betont, das weiterhin eine friedliche diplomatische Lösung des Konflikts um den nordkoreanischen Atomwaffentest angestrebt werde.
USA drängen auf schnelle, harte Sanktionen
Der UNO-Botschafter der USA, John Bolton, legte einen 13 Punkte umfassenden Resolutionsentwurf der US-Regierung vor. Der Resolutionsentwurf sei an alle 15 Mitgliedländer des Sicherheitsrats übermittelt worden, und es werde etwas Zeit brauchen, bis Reaktionen vorliegen, sagte Bolton am Montag in New York.
Einzelheiten zu dem Entwurf nannte er nicht. Nach Angaben von Diplomaten wollen die USA Fracht von und nach Nordkorea auf Massenvernichtungswaffen untersuchen. Auch werde ein vollständiges Waffenembargo vorgeschlagen sowie ein Einfrieren der Mittel, die im Zusammenhang mit dem nordkoreanischen Waffenprogramm stehen. Zudem sei ein Verbot von Luxusgütern geplant.
Nordkorea anscheinend zu neuen Atomgesprächen bereit
Nordkorea ist laut einer Meldung der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap nach seinem Atomwaffentest zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bereit. Voraussetzung sei jedoch, dass auch die Vereinigten Staaten «entsprechende Massnahmen» ergriffen, meldete das Pekinger Büro der Agentur am Dienstag unter Berufung auf einen ranghohen nordkoreanischen Beamten. In diesem Fall sei man auch zum Verzicht auf sein eigenes Atomprogramm bereit. «Der Atomwaffentest ist Ausdruck unserer Absicht, die Vereinigten Staaten zu bilateralen Verhandlungen zu bewegen», erklärte der Gewährsmann. Genau dies hat Washington bislang immer abgelehnt.
Sanktionen müssen «wirklich weh tun»
«Wir wollen eine sehr schnelle Reaktion des UNO- Sicherheitsrats», sagte Bolton zu Journalisten. «Notfalls werden wir rund um die Uhr arbeiten, um schnell zur Annahme einer Resolution zu kommen.»
Auch Frankreichs UNO-Botschafter Jean-Marc de La Sablière bezeichnete als «wichtig, schnell zu handeln.» Diplomaten erklärten indes, die Verabschiedung von Sanktionen könnte einige Tage dauern, da die Mitglieder des Sicherheitsrats mit ihren Regierungen beraten würden.
Die Sanktionen müssten «wirklich weh tun», forderte der US- Chefunterhändler in den Atomgesprächen mit Nordkorea, Christopher Hill. Es reiche nicht, dem nordkoreanischen Führer Kim Jong Il einen Brief zu schicken.
Der UNO-Sicherheitsrat müsse Massnahmen ergreifen, um Nordkoreas Fähigkeit einzuschränken, Technologie und Gelder für Massenvernichtungswaffen zu erhalten, forderte er Hill im US-Sender Fox News.
Der Sicherheitsrat suche nach «angemessenen Massnahmen, die Nordkorea eine scharfe und klare Antwort» auf den Atomtest geben, hatte Ratspräsident Kenzo Oshima (Japan) nach einer Dringlichkeitssitzung vor Journalisten gesagt. Dabei hatte der Sicherheitsrat den Atomwaffentest scharf verurteilt und Konsequenzen angedroht.
Bereits verschärfte Sanktionen
Der japanische Kabinettssekretär Yasuhisa Shiozaki erklärte, Tokio schliesse auch militärische Sanktionen gegen Nordkorea nicht aus. Einzelheiten der Strafmassnahmen müssten jedoch im Weltsicherheitsrat erörtert werden. Finanzminister Koji Omi betonte, dass in Tokio auf jeden Fall eine Ausweitung der bereits bestehenden Wirtschaftssanktionen gegen Pjöngjang erwogen werde. Letztere erfolgten im Juli nach einem nordkoreanischen Raketentest und beinhalten unter anderem einen Boykott des Fährverkehrs.
Australien erklärte, es werde jegliche von Sicherheitsrat beschlossene Sanktionen unterstützen. Darüber hinaus werde man schon jetzt eigene Strafmassnahmen verhängen, sagte Aussenminister Alexander Downer in Canberra. Dazu gehörten vor allem Visabeschränkungen für Nordkoreaner. Die diplomatischen Beziehungen zu Pjöngjang würden jedoch nicht abgebrochen.
Der südkoreanische Minister für Wiedervereinigung, Lee Jong Seok, sagte am Dienstag vor dem Parlament in Seoul, man gehen inzwischen davon aus, dass der nordkoreanischen Waffentest tatsächlich stattgefunden habe. Der Erfolg lasse sich jedoch erst in etwa zwei Wochen feststellen.
Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier äusserte die Befürchtung, dass nach dem nordkoreanischen Test der Atomwaffensperrvertrag ausgehöhlt werden könnte. Die Autorität des Vertrags könnte in Zweifel gezogen werden, sagte der SPD-Politiker im ZDF. Er zog eine Parallele zum Atomstreit mit dem Iran. In beiden Fällen gehe es darum, «die jeweilige Führung von einem verhängnisvollen Kurs abzubringen».
Der Iran forderte eine vollständige Umsetzung des Atomwaffensperrvertrags. Anstatt Nordkorea zu bestrafen, sollte der Sicherheitsrat für die völlige nukleare Entwaffnung aller Staaten mit Atomwaffen sorgen, hiess es in einem Kommentar des staatlichen Rundfunks. Der von Pjöngjang gemeldete Atomwaffentest wurde als «Reaktion auf die Drohungen und Demütigungen von Seiten Amerikas» bezeichnet.
Venezuela verurteilte den nordkoreanischen Atomwaffentest. Die Regierung in Caracas lehne alle nuklearen Experimente ab, da sie eine immense Bedrohung für die Umwelt und das Leben auf der Erde darstellten, sagte Aussenminister Nicolas Maduro in einer Fernsehansprache.
Weiterer Test geplant?
Nordkorea hatte den Atomtest vom Montag vergangene Woche angekündigt. Das international weitgehend isolierte Regime in Pjöngjang hatte die Testpläne mit der angeblichen nuklearen Bedrohung, den Sanktionen und dem Druck der USA begründet.
Nach südkoreanischen Angaben bereitet das kommunistische Nachbarland möglicherweise einen zweiten Atomtest vor. Auf einem weiteren mutmasslichen Testgelände im Nordosten des Landes seien verdächtige Personen- und Fahrzeugbewegungen entdeckt worden, zitierte die nationale Nachrichtenagentur Yonhap den südkoreanischen Geheimdienstchef Kim Seung Kyu.
(dapd)