Klaus geisselt EU als undemokratisch

Aktualisiert

TschechienKlaus geisselt EU als undemokratisch

Mit massiver Kritik an der Europäischen Union hat der tschechische Präsident Vaclav Klaus für einen Eklat im Europa-Parlament gesorgt.

Zahlreiche Abgeordnete verliessen unter Protest den Saal, nachdem Klaus am Donnerstag in Brüssel ein Demokratiedefizit innerhalb der EU angeprangert hatte, das auch mit einer Stärkung des EU-Parlaments nicht zu lösen sei. Klaus verglich die EU mit den einstigen kommunistischen Diktaturen in Osteuropa, die ebenfalls alternatives Denken verboten hätten.

«In einem normalen parlamentarischen System gibt es einen Teil der Abgeordneten, der die Regierung unterstützt, und einen oppositionellen Teil», sagte Klaus. «Doch das ist im Europäischen Parlament nicht der Fall. Hier wird nur eine Alternative durchgesetzt, und wer über andere Alternativen nachdenkt, wird als Gegner der europäischen Integration angesehen.» Sein Land wisse jedoch aus bitterer Erfahrung, dass es ohne Opposition keine Freiheit gebe. Deshalb müsse es auch innerhalb der EU politische Alternativen geben.

Klaus, dessen Land zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, sprach ferner von einer Kluft zwischen den Bürgern und den Repräsentanten der Europäischen Union: «Dies wird mit verschiedenen Begriffen bezeichnet: Demokratiedefizit, der demokratische Accountabilitätsverlust, Entscheidungen nicht durch Gewählte, sondern Auserwählte, Bürokratisierung der Entscheidungsprozesses und so weiter.»

Änderungsvorschläge wie im EU-Vertrag von Lissabon führten hier nicht weiter. Der Reformvertrag müsse nach dem Nein der Iren endlich aufgegeben werden, denn eine politische Union könne nicht gegen den Willen der Bürger erzwungen werden. Stattdessen solle sich die EU lieber um das wirtschaftliche Wohl ihrer Bürger kümmern. Tschechien ist neben Irland das letzte EU-Land, das den EU-Vertrag noch nicht ratifiziert hat.

«Innerlich noch nicht in der EU angekommen»

Der Präsident des EU-Parlaments, Hans-Gert Pöttering, knüpfte in seiner Erwiderung unmittelbar an den Osteuropa-Vergleich an. «In einem Parlament der Vergangenheit hätten Sie diese Rede nicht halten können», sagte der CDU-Politiker an Klaus gerichtet. «Gott sei Dank, leben wir in einer europäischen Demokratie, in der jeder seine Meinung äussern kann.»

Klaus ist als EU-Skeptiker bekannt. So hat er sich geweigert über dem Präsidentenpalast in Prag die EU-Flagge aufzuziehen - mit der Begründung, die Tschechische Republik sei keine Provinz der Europäischen Union. Bei aller Kritik betonte er in seiner Rede aber auch, dass es für sein Land keine Alternative zur EU-Mitgliedschaft gebe.

Dennoch sei Klaus «innerlich noch nicht in der Europäischen Union angekommen», kommentierte der Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Europäischen Parlament, der SPD-Politiker Jo Leinen. Sein Plädoyer einer Einengung der EU auf den reinen Binnenmarkt sei sogar ein Rückfall hinter die Regelungen im Maastricht-Vertrag.

Die deutschen Europa-Abgeordneten Werner Langen (CDU) und Markus Ferber (CSU) zeigten zwar Verständnis für die Forderung von Klaus, nicht alles in Europa von Brüssel aus regeln zu wollen. «Daraus aber zu folgern, dass die Nationalstaaten wieder stärker zum Zuge kommen müssen, ist falsch.» Die Allianz der Liberaldemokraten im Europa-Parlament bezichtigte Klaus der Arroganz, wenn er behaupte, dass die Osteuropäer Freiheit und Demokratie mehr zu schätzen wüssten als die westlichen Länder. (dapd)

Deine Meinung zählt