Iran begrüsst Hinrichtung - Libyen ruft Staatstrauer aus
Die Reaktionen auf die Hinrichtung des irakischen Expräsidenten Saddam Hussein sind in der arabischen Welt sehr unterschiedlich ausgefallen.
Die Hinrichtung löste im Irak selbst unterschiedliche Reaktionen aus. Im schiitischen Stadtteil Sadr City tanzten Iraker vor Freude auf den Strassen, andere gaben Schüsse in die Luft ab. In Tikrit bedauerten die Menschen den Tod. Der Präsident sei ein Märtyrer, sagte Scheich Jahja al Attawi. Die Stadt wurde aus Sicherheitsgründen abgeriegelt.
Ministerpräsident Al-Maliki liess erklären, die Hinrichtung sei eine «starke Lektion» für Führer, die Verbrechen gegen ihr eigenes Volk verübten. «Wir lehnen es ab, Saddam als Vertreter irgendeiner Religionsgruppe im Irak zu betrachten, weil der Tyrann nur seine böse Seele repräsentierte.»
Muslimische Pilger in Mekka veruteilten die Hinrichtung Saddams am islamischen Opferfest als eine Verletzung ihrer religiösen Gefühle.
Sunnitische Gläubige zeigten sich am Samstag schockiert: «Seine Hinrichtung zu Eid al-Adha ist eine Beleidigung für alle Muslime», sagte ein jordanischer Pilger.
Die Vollstreckung des Todesurteils zum Auftakt des dreitägigen Opferfestes galt als besonders symbolträchtig. Das Fest ist einer der höchsten Feiertage der Muslime. Sie gedenken dabei eines Opfers, zu dem ihr Stammvater Abraham nach biblischer Überlieferung aus Ergebenheit gegenüber Gott bereit war.
Die schiitische Seite der muslimischen Welt könnte Saddams Tod nun als ein Geschenk zu den Feiertagen verstehen, die zu den fröhlichsten im islamischen Festkalender gehören.
Freudenkundgebuungen im Iran
Der Iran hat die Hinrichtung des irakischen Expräsidenten Saddam Hussein begrüsst. Er habe die «schrecklichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit» begangen, hiess es am Samstag im staatlichen Fernsehen. Mit der Vollstreckung der Todesstrafe sei das Kapitel eines der «kriminellsten Diktatoren der Welt» geschlossen. Iran und Irak hatten von 1980 bis 1988 einen Krieg gegeneinander geführt, der mehr als eine Million Menschen das Leben kostete. Der Iran hatte das Gericht, das Saddam aburteilte, aufgefordert, auch wegen Verbrechen dieses Krieges anzuklagen, etwa des Einsatzes von chemischen Waffen gegen iranische Soldaten.
Libyen ruft dreitägige Trauer aus
Libyen hat nach der Hinrichtung des irakischen Expräsidenten Saddam Hussein eine dreitägige Trauerzeit ausgerufen. Die Regierung von Muammar el Gaddafi sagte am Samstag alle Feierlichkeiten zum islamischen Opferfest Eid al Adha ab und ordnete an, die Flaggen auf Regierungsgebäuden auf Halbmast zu hängen. Staatschef Gaddafi hatte am Freitag in einem Interview mit dem Fernsehsender Al Dschasira den Prozess gegen Saddam Hussein als illegal bezeichnet. Er müsse vor ein internationales Gericht gestellt werden.
Trauer bei Palästinensern
In den palästinensischen Gebieten löste die Nachricht vom Tod Saddam Husseins dagegen Trauer aus. Dort wurde der Expräsident als Kämpfer für die palästinensische Sache gesehen - seine letzten Worte waren: «Palästina ist arabisch.» Der palästinensische Arbeitsminister Mohammed Barghuti sagte, seine islamische Hamas-Bewegung sei mit dem säkularen Präsidenten oft nicht einer Meinung gewesen, doch sei seine Hinrichtung falsch und die Palästinenser seien den Irakern in Brüderlichkeit verbunden. Saddam Hussein hatte die Familien von palästinensischen Selbstmordattentätern finanziell unterstützt.
Internationale Kritik
International wurde Kritik an der Hinrichtung Saddams laut. Die EU-Kommission verurteilte diese als barbarisch. EU- Entwicklungshilfekommissar Louis Michel sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Vollstreckung des Urteils könnte Saddam zu einem Märtyrer machen.
Der Vatikan warnte vor Racheakten und verstärkter Gewalt. Ein Sprecher des russischen Aussenministeriums sagte, er bedaure, dass die internationalen Bitten um eine Aussetzung der Hinrichtung ungehört verhallt seien.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schliesslich kritisierte die Hinrichtung als Schritt weg von den Menschenrechten. Das Verfahren gegen Saddam habe schwere Mängel aufgewiesen. Eine Anwältin Saddams bezeichnete es als illegal, dass die Verteidigung nicht zur Hinrichtung Saddams zugelassen worden sei.
Schweiz missbilligt Hinrichtung
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) missbilligt die Hinrichtung von Saddam Hussein. Er sei ein Krimineller gewesen und habe vor Gericht gestellt und bestraft werden müssen. Für die Schweiz sei die Todesstrafe aber auch bei schwersten Verbrechen nicht vertretbar, teilte das EDA am Samstag mit. Die Schweiz engagiere sich in allen internationalen Foren ebenso wie in ihrer bilateralen Diplomatie für die Abschaffung der Todesstrafe.
Bush: «Ein Meilenstein»
US-Präsident George W. Bush bezeichnete die Hinrichtung Saddams als «wichtigen Meilenstein» auf dem Weg zu einer irakischen Demokratie. Die Vollstreckung des Todesurteils komme am Ende eines schwierigen Jahres für das irakische Volk und für die US-Truppen. Die Gewalt im Land sei dadurch aber nicht zu Ende.
London und Paris respektieren Exekution
Mit der Hinrichtung ist der irakische Ex- Staatschef nach Ansicht der britischen Regierung zur Rechenschaft für einige seiner vielen Verbrechen am irakischen Volk gezogen worden.
Die britische Aussenministerin Margaret Beckett erklärte am Samstag, Saddam Hussein habe «bezahlt». Sie sei froh, dass er von einem irakischen Gericht wenigstens für einige der schrecklichen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden sei, die er am irakischen Volk begangen habe.
Die britische Regierung respektiere die Entscheidung der Iraker, wenngleich sie selbst die Todesstrafe ablehne, sagte Beckett in London.
Das französische Aussenministerium rief die Iraker auf, nun in die Zukunft zu blicken. Frankreich rufe alle Iraker auf, an der Wiederversöhnung und der nationalen Einheit zu arbeiten, hiess es in einer Erklärung.
Mehr als jemals zuvor müsse das Ziel sein, zur vollen Souveränität und Stabilität des Iraks zurückzukehren. Auch Frankreich bekräftigte seine Ablehnung der Todesstrafe. Dies sei jedoch die Entscheidung des Volkes und der irakischen Behörden.
Australien bezeichnet Hinrichtung als «wichtigen Schritt»
Australien hat die Hinrichtung von Saddam Hussein positiv aufgenommen. Der australische Aussenminister Alexander Downer bezeichnete den Tod des früheren irakischen Präsidenten als «wichtigen Schritt» auf dem Weg zu einer historischen Beurteilung seines «tyrannischen Regimes». Jetzt könne der Prozess der Versöhnung fortgesetzt werden.
(ap/sda)