«Ich habe Leichen in den Strassen liegen sehen»

Aktualisiert

Krieg um Südossetien«Ich habe Leichen in den Strassen liegen sehen»

Die Kämpfe in Südossetien haben zahlreiche Menschen in die Flucht getrieben. Augenzeugen berichteten, die Hauptstadt Zchinwali sei schwer verwüstet worden.

«Ich habe Leichen in den Strassen liegen sehen und auch rund um die zerstörten Häuser oder in Autos - überall Tote», sagte die 50-jährige Ljudmila Ostajewa. Sie ist mit ihrer Familie nach Dschawa geflohen, ein kleines Dorf an der Grenze zu Russland.

Wie viele Menschen den Kämpfen schon zum Opfer fielen, konnte Ostajewa nicht sagen: «Es ist unmöglich, die Leichen alle zu zählen. Aber es gibt kaum noch ein Gebäude in Zchinwali, das nicht beschädigt wurde.» Andere Augenzeugen sprachen von einem Flammenmeer in der südossetischen Hauptstadt. Laut Separatistenführer Eduard Kokoiti wurden bei den Kämpfen am Freitag hunderte Zivilpersonen getötet.

Nach südossetischen Angaben griff Georgien das Gebiet seiner abtrünnigen Region mit schwerer Artillerie sowie aus der Luft an. Auch Raketen seien auf Zchinwali abgefeuert worden, woraufhin viele Häuser in Flammen aufgegangen seien. Das wichtigste Krankenhaus der Hauptstadt wurde ebenfalls getroffen und musste seinen Arbeit einstellen, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bestätigte.

Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP sah, wie Panzer und andere schwere Rüstung auch an der russischen Seite der südossetischen zusammengezogen wurden. Russland sieht sich schon seit langem als Schutzmacht der abtrünnigen georgischen Region und rückte deshalb gegen die einmarschierenden georgischen Truppen vor. Viele Zivilpersonen versprachen sich wiederum den grössten Schutz von einer Flucht nach Russland.

«Ich habe miterlebt, wie die Georgier mein Dorf unter Beschuss genommen haben», sagte eine Frau, die ihren Namen nur mit Maria angeben wollte. Sie wirkte verstört und wollte kaum reden. Sie und andere Dorfbewohner hätten die Nacht in einem Feld verbracht. Als die Kämpfe bei Tagesanbruch dann weiter eskaliert seien, sei es ihnen gelungen, zur russischen Grenze zu fliehen.

Offensive zu Beginn der Olympischen Spiele

Die georgische Grossoffensive in Südossetien begann, während die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf den Beginn der Olympischen Spiele in Peking gerichtet war. Dem georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili wurde denn auch vorgeworfen, diesen Moment ganz bewusst gewählt zu haben. Saakaschwili machte in einem Interview des US-Senders CNN indessen Russland für die Eskalation der Kämpfe verantwortlich: «Schon viele Kriegsentscheidungen sind in der Ferienzeit gefallen - der ideale Augenblick, ein kleines Land anzugreifen.

«Wir sind von russischer Aggression bedroht», sagte der georgische Sicherheitsratschef Kacha Lomaja. «Sie haben ihre Truppen und ihre Waffen hierher gebracht, und sie bombardieren unsere Städte.» Das Aussenministerium in Tiflis meldete russische Luftangriffe auf georgische Stützpunkte sowie auf zivile Einrichtungen.

Das Verteidigungsministerium in Moskau verurteilte die georgische Offensive indes als «schmutziges Abenteuer». Russland habe eingreifen müssen, um den Schutz seiner Friedenstruppe in der Region zu garantieren, wurde in einer Internet-Erklärung des Ministeriums hervorgehoben. Darin hiess es auch: «Das Blutvergiessen in Südossetien wird noch lange auf dem Gewissen Georgiens lasten.» (dapd)

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