Türkei: Regierungspartei bald verboten?

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Türkei: Regierungspartei bald verboten?

Das türkische Verfassungsgericht hat beschlossen, sich mit dem Verbotsantrag von Generalstaatsanwalt Abdurrahman Yalcinkaya gegen die religiös-konservative Regierungspartei AKP zu befassen.

Der Entscheid fiel am Montag an einer Sitzung der Verfassungsrichter. Yalcinkaya forderte in seinem Antrag vom 14. März unter anderem ein fünfjähriges Berufsverbot für 71 Politiker, darunter auch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.

Der Generalstaatsanwalt wirft der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) vor, «Kristallisationspunkt antisäkularer Aktivitäten» zu sein. Die Partei wolle ein Gesellschaftsmodell errichten, in dessen Mittelpunkt die Religion stehe. Der Streit um die Trennung von Religion und Staat in der Türkei war zuletzt eskaliert, nachdem die Regierung entschieden hatte, das Tragen von Kopftüchern an Universitäten zuzulassen.

Die AKP hatte bei den letzten Wahlen mehr als 46 Prozent der Stimmen gewonnen und stellt 330 der 550 Abgeordneten im Parlament. Die Regierung kritisiert das Vorgehen der Justiz daher als antidemokratisch. Auch die EU kritisierte das Vorgehen des umstrittenen Generalstaatsanwalts scharf. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn mahnte die Justiz zum Respekt demokratischer Prinzipien. Ein Parteiverbot würde dem Reformprozess des Landes, der Ankara einen EU-Beitritt ermöglichen soll, widersprechen, erklärte Rehn am Samstag in Brüssel.

AKP ging aus verbotenen Parteien hervor

Das oberste türkische Gericht hat bereits 1998 und 2001 Parteien verboten, die Wohlfahrtspartei und die Tugendpartei, die als radikalere Vorgänger der AKP gelten. Im Fall eines Verbots der AKP könnten die Abgeordneten sich unter dem Banner einer neugegründeten Partei wieder versammeln.

Die AKP liegt schon lange mit dem säkularen Establishment der Türkei im Streit, das von den Streitkräften gestützt wird. Dieses betrachtet sich als Wächter der weltlichen Orientierung der türkischen Republik. Die grösste Oppositionspartei, die Republikanische Volkspartei, hat der Regierung wiederholt vorgeworfen, die weltlichen Traditionen der Türkei zu zerstören. (dapd)

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