Nahost: Israel nimmt palästinensischen Kandidaten fest
Zwei Tage vor der palästinensischen Präsidentschaftswahl ist der unabhängige Kandidat Mustafa Barghuti in Jerusalem festgenommen worden.
Ein Polizeisprecher sagte, Barghuti habe entgegen einer Vereinbarung einen Wahlkampfauftritt auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee geplant, wohin tausende Muslime zum Freitagsgebet kamen. Die Sicherheitskräfte hätten Unruhen befürchtet. PLO-Chef Mahmud Abbas, der am Sonntag als klarer Favorit für die Nachfolge Jassir Arafats ins Rennen geht, sagte einen Wahlkampfauftritt in Jerusalem ab.
Wie aus Abbas' Wahlkampfteam verlautete, war ein massives israelisches Sicherheitsaufgebot vorgesehen, um den 69-Jährigen vor möglichen Übergriffen jüdischer Extremisten zu schützen. Abbas, der unter anderem die Altstadt besuchen und in der Al-Aksa-Moschee predigen wollte, habe diese Vorkehrungen als schädlich für sein Image erachtet. Anstelle der Jerusalemer Altstadt wollte Abbas am Freitag den palästinensischen Vorort Beir Naballah besuchen. Auf die Änderung seiner Pläne angesprochen, sagte er: «Ich werde später nach Jerusalem gehen.» Am Morgen legte Abbas einen Kranz am Grab Arafats in Ramallah nieder.
Umfragen zufolge kann Abbas bei der Wahl am Sonntag mit einem deutlichen Sieg vor seinem wichtigsten Herausforderer Mustafa Barghuti rechnen. Dieser wurde am Freitag festgenommen, als die Altstadt von Jerusalem betreten wollte. Israelische Beamte in Zivil hätten den Politiker in ein Polizeiauto gezwungen, sagten Augenzeugen. Barghuti habe mit seiner Hand das Siegeszeichen geformt, ehe er eingestiegen sei. Polizeisprecher Shmuel Ben Ruby sagte, Barghuti sei zum Verhör abgeführt worden. Es war bereits das zweite Mal im Laufe des Wahlkampfs, dass der Präsidentschaftskandidat in Jerusalem festgenommen wurde.
Die rund 7.000 in Israel inhaftierten Palästinenser bleiben von der Wahl ausgeschlossen. Der Oberste Gerichtshof wies einen Antrag der Autonomiebehörde auf Zulassung der Gefangenen zurück, wie am Donnerstagabend aus Justizkreisen verlautete. Die Palästinenser hatten geltend gemacht, dass es keine gesetzliche Grundlage für einen Ausschluss gebe. Israelische Häftlinge dürfen in Israel wählen.
Der frühere US-Präsident Jimmy Carter äusserte am Freitag die Hoffnung auf einen reibungslosen und friedlichen Wahlverlauf. Carter ist als Leiter einer Delegation amerikanischer Wahlbeobachter in den Nahen Osten gereist. «Ich hoffe, dass die Palästinenser eine Regierung einsetzen, die dem Friedensprozess verpflichtet ist», sagte Carter nach einem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Mosche Katzav.
Neue Regierungskoalition in Israel steht
(Jerusalem) Israel wird künftig von einer Grossen Koalition regiert. Der Likud-Block von Ministerpräsident Ariel Scharon unterzeichnete am Donnerstag eine entsprechende Vereinbarung mit der Arbeitspartei von Schimon Peres sowie der ultraorthodoxen Partei Vereinigtes Torah-Judentum, wie israelische Medien berichteten. Scharon hat nach dem Zerfall seiner bisherigen Koalition nun erstmals wieder eine parlamentarische Mehrheit. Diese benötigt er vor allem, um den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen durchzusetzen.
Israel zieht Armee aus Westjordanland ab
Die israelische Armee hat mit einem zeitweisen Abzug aus Städten und Gemeinden im Westjordanland begonnen. Dies geschah im Hinblick auf die palästinensische Präsidentenwahl am Sonntag.
Nach Angaben einer Armeesprecherin am Freitag in Tel Aviv soll der Abzug in der Nacht zum Samstag abgeschlossen sein. Die Soldaten bleiben bis 24 Stunden nach Schliessung der Wahllokale auf Positionen ausserhalb der Städte und Gemeinden. Dies soll einen reibungslosen Ablauf der Wahl gewährleisten.
(dapd)