CIA-Affäre: Italienischer Agenten-Chef verhaftet
Im Fall der Entführung eines Imams durch die CIA hat die italienische Justiz zwei italiensche Agenten festgenommen. Darunter befindet sich der Direktor der ersten Abteilung des Militärgeheimdienstes Sismi, Marco Mancini.
Mancini ist nach Angaben des italienischen Fernsehens, die Nummer zwei des Sismi. Wie die Mailänder Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte, wurden auch vier Amerikaner verhaftet.
Drei davon gehören dem US-Geheimdienst an, ein vierter ist auf dem US-Stützpunkt Aviano bei Venedig stationiert. Im Dezember hatte ein Richter in Mailand 22 Haftbefehle gegen CIA-Agenten ausgestellt. Ein Prozess soll noch im Juli beginnen.
Die Agenten sollen an der Entführung von Osama Mustafa Hassan alias Abu Omar in Mailand beteiligt gewesen sein oder sie organisiert haben. Manzini steht im Verdacht, der CIA dabei geholfen zu haben.
Der Imam der Mailänder Moschee wurde 2003 am hellichten Tag entführt. Über US-Luftwaffenstützpunkte in Italien und Deutschland wurde er nach Ägypten gebracht.
«Verbrechen gegen Menschenrechte»
Dort wurde er gefoltert, vor drei Monaten freigelassen und zuletzt nach Angaben seines Anwalts am Montag wieder festgenommen. Der Ägypter, der Verbindungen zum Terrornetz El Kaida haben soll, hatte politisches Asyl in Italien.
Staatsanwalt Armando Spataro nannte am Mittwoch die CIA- Operation ein «schweres Verbrechen gegen die Menschenrechte». Zudem werfen die Italiener den Amerikanern vor, mit der Aktion die italienischen Ermittlungen gegen Abu Omar torpediert zu haben.
«Missing Link» gefunden?
Bislang war davon ausgegangen worden, dass die CIA ohne italienische Hilfe Abu Omar entführt hatte. Sollten sich die Verdachtsmomente gegen den Sismi erhärten, könnte dies eine Zusammenarbeit europäischer Staaten mit den USA bei den Gefangenenflügen und Entführungen der CIA beweisen.
Dieser Beweis fehlt Europaratsermittler Dick Marty noch, der seit Monaten auch wegen mutmasslichen CIA-Gefängnissen in Europa ermittelt. Der Tessiner FDP-Ständerat hat bisher keine konkreten Beweise, aber starke Indizien gefunden.
Strafverfahren in der Schweiz
Auch die Schweiz ist vom Fall Abu Omar betroffen. Am Tag der Entführung, am 17. Februar 2003, überflog ein Flugzeug des US- Verteidigungsministeriums zweimal die Schweiz. Die Bundesanwaltschaft eröffnete Ende 2005 wegen der möglichen Benutzung des Schweizer Luftraumes für CIA-Gefangenentransporte ein Strafverfahren.
Die Flugsicherung Skyguide bestätigte gemäss dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) 76 Überflüge von US-immatrikulierten Flugzeugen, die möglicherweise CIA-Gefangenentransporten dienten. Zudem landeten nach Angaben der Flugüberwachung Eurocontrol 58 derartige Flugzeuge auf Schweizer Flughäfen. (sda)