Integration«Muslime und Islam sind Teil Deutschlands»
Mit einem Dossier über den Islam will der Deutsche Kulturrat einen Gegenentwurf zur hysterischen Sarrazin-Debatte liefern.

Moscheen wie hier in Rendsburg, Schleswig-Holstein, sind keine Fremdkörper mehr in Deutschland.
Mit einem Dossier über den Islam will der Deutsche Kulturrat die Integrationsdebatte versachlichen. Unter den 50 Autoren sind unter anderen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Der Geschäftsführer des Kulturrats, Olaf Zimmerman, sagte am Dienstag bei der Präsentation in Berlin: «Der beste Schutz gegen die Angst vor dem unbekannten Muslim ist Wissen über das Fremde in unserer Nähe.»
In Deutschland leben knapp vier Millionen Muslime. Zimmermann sagte, das Dossier solle einen Gegenentwurf zur «hysterischen Sarrazin-Debatte» liefern. In ihm werde ein vielschichtiges Bild gezeichnet, da verschiedene Wissenschaftler und Politiker zu Wort kämen. Thilo Sarrazin (SPD) hatte mit provokanten Integrationsthesen in seinem Buch «Deutschland schafft sich ab» für Aufsehen gesorgt. Ihm wurde unter anderem Rassismus vorgeworfen.
«Verzerrte Darstellung»
Mazyek sagte: «Muslime und Islam sind Teil Deutschlands.» Allerdings gebe es in Deutschland eine sehr verzerrte Darstellung des Islam in Teilen der Öffentlichkeit und der Politik, die mit der Realität nichts zu tun habe. Es werde nicht korrekt getrennt zwischen Gewalt und Religion. Es gebe muslimische Gangster, aber es gebe kein islamisches Gangstertum, weil der Islam dies als Straftat verabscheue.
In einem dapd-Interview beklagte Mazyek ein immer stärker werdendes Klima der Angst unter Muslimen. «Die Sarrazin-Debatte hat das noch einmal stark forciert und erschwert.» Der ehemalige Bundesbanker benutze zum Teil altes Material und stelle Dinge als Fakten dar, die nicht stimmten. «Das ist der völlig falsche Ansatz, der zu Pauschalisierung, Missverständnissen und Diskriminierung führt», monierte Mazyek.
Islam aus Sicht des Verfassungsschutzes
Das Dossier will laut Kulturrat die islamische Vielfalt repräsentieren. So erläutern Abgeordnete muslimischen Glaubens, welche Bedeutung der Islam für ihre politische Arbeit hat. Heinz Fromm schildert den Islam aus Sicht des Verfassungsschutzes. Die Journalistin Gabriele Hermani gibt einen Überblick über die Islamkonferenz von 2006 bis 2009. Mazyek erklärt Grundsätze und Ziele des Islams. Schavan gibt einen Überblick über islamische Studiengänge in Deutschland.
Das 40-seitige Dossier zur Politik und Kultur ist in einer Auflage von 10 000 Exemplaren erschienen, bereits jetzt seien 6000 augeliefert, sagte Zimmermann bei der Vorstellung in der Sehitlik Moschee im Berliner Stadtteil Neukölln. Es solle auch in Moscheen und muslimischen Kultureinrichtungen in Deutschland zugänglich gemacht werden. Zudem könne es kostenlos beim Kulturrat bezogen oder aus dem Internet herunter geladen werden. Die Sehitlik Moschee wurde im November drei Mal Opfer von Brandanschlägen.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland hat seine Bereitschaft zur Rückkehr in die Islamkonferenz des Bundesinnenministeriums erklärt. Bedingung sei, dass die Vorschläge des Zentralrats wieder auf die Tagesordnung gesetzt würden, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek (Bild), am Dienstag in Berlin in einem dapd-Interview. Er schlug die Bildung einer «Art Task Force» mit Vertretern der Muslime und der Bundesländer vor.
Diese Arbeitsgruppe unter Führung des Innenministeriums sollte sich über einen Ablaufplan verständigen, in dem es unter anderem darum gehen sollte, was muslimische Organisationen für ihre Anerkennung benötigten. Der Zentralrat der Muslime, der laut eigenen Angaben 300 Moscheegemeinden in Deutschland repräsentiert, hatte im vergangenen Jahr die Teilnahme an der Konferenz abgesagt und dies damit begründet, sich stärker auf der Ebene der Länder engagieren zu wollen, wo sich das Verhältnis Staat und Religion ohnehin abspiele.
Die Islamkonferenz wurde 2006 ins Leben gerufen. Sie soll den Dialog zwischen Staat und Muslimen verbessern.
Knapp vier Millionen Menschen muslimischen Glaubens leben in Deutschland. Mazyek beklagte ein immer stärkeres Klima der Angst unter den Muslimen. «Die Sarrazin-Debatte hat das noch einmal stark forciert und erschwert», sagte er. Sarrazin habe in seinem Buch «Deutschland schafft sich ab» zum Teil altes Material benutzt und Dinge als Fakten dargestellt, die nicht stimmten. Seine Schlüsse seien falsch. Das sei der völlig falsche Ansatz, der zu Pauschalisierung, Missverständnissen und Diskriminierung führt.
«Es ist falsch, das Verhalten von Kriminellen der Religion zuzuschreiben», sagte Mazyek. Der ehemalige Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin (SPD) hatte mit provokanten Integrationsthesen in seinem Buch «Deutschland schafft sich ab» für Aufsehen gesorgt. Ihm wurde unter anderem Rassismus vorgeworfen. (AP)