Neonazis mit Schafsköpfen und Brandbomben

Aktualisiert

Liechtenstein sieht braunNeonazis mit Schafsköpfen und Brandbomben

Im Fürstentum Liechtenstein ist die heile Welt aus den Fugen geraten. Rechstextreme Kreise gehen immer offener auf Ausländer los. Regierungsvertreter sehen «rechtsextreme Einstellungen bis tief in die Mitte der Gesellschaft in Liechtenstein».

Am letzten Freitag wurde ein Kebap-Bistro in Nendeln kurz vor der Eröffnung durch Molotow-Cocktails verwüstet. Es handelt sich um den zweiten Anschlag mit einfach herstellbaren Brandsätzen im gleichen Ort innert dreier Monate.

Ende November 2009 hatten Unbekannte Molotow-Cocktails gegen zwei Wohnhäuser in Nendeln geworfen. Hausbewohner konnten die Flammen löschen, bevor grösserer Schaden entstand.

Ein weiterer Anschlag ereignete sich vergangenen September in Triesen: Unbekannte sprengten den Briefkasten einer liechtensteinischen Familie und deponierten vor den Trümmern einen abgeschnittenen Schafskopf.

In allen Fällen fand die Polizei keine Hinweise auf die Täterschaft, wie Sprecherin Tina Enz der Nachrichtenagentur SDA sagte. Daher könne man weder eine Verbindung zwischen den drei Fällen noch eine zu rechtsextremen Kreisen bestätigen.

Rechtsradikale Straftaten

Der Verdacht auf rechtsradikale Täter ist laut der Tageszeitung «Liechtensteiner Volksblatt» zumindest beim ausgebrannten Kebap- Bistro naheliegend. Die Tendenz zu Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund und zur Diskriminierung von Minderheiten sei unverkennbar, so die Zeitung.

Erst vor zwei Wochen schlug ein Jugendlicher in einem öffentlichen Bus einem türkischen Schüler ohne ersichtlichen Grund eine Bierflasche auf den Kopf. Auch zirkulieren im «Ländle» Flugblätter mit ausländerfeindlichem Inhalt. Plakate, die für Respekt gegenüber Schwulen und Lesben werben, wurden zerstört.

«Man darf es nicht unter den Tisch kehren. Es gibt Rechtsradikale in Liechtenstein», so Polizeisprecherin Enz. Die Landespolizei habe Kenntnis von Angehörigen der rechten Szene, die aus verschiedenen Gemeinden stammten.

Der schwerwiegendste Zwischenfall liegt fast anderthalb Jahre zurück. Am Oktoberfest 2008 in Mauren zettelten Neonazis aus Liechtenstein und der Schweiz eine Massenschlägerei mit türkischen Jugendlichen an. Zurück blieben zwei Schwerverletzte.

Mut und Zivilcourage sind nötig

Trotz der spektakulären Vorfälle der letzten Monate hätten Rechtsradikale 2009 weniger Straftaten begangen, so die Polizei. Bei der Jugendgewalt insgesamt gab es zwar einen Anstieg, der aber vor allem auf die zahlreichen Einbruchdiebstähle einer einzelnen Gruppe zurückzuführen war.

Der jüngste Vorfall mit dem Anschlag auf das Bistro in Nendeln ist auch in der Regierung ein Thema. Regierungsrat Hugo Quaderer sagte am Mittwoch in Vaduz, er verurteile solche Vorfälle aufs Schärfste. Sie seien absolut nicht entschuldbar.

«Wir wissen, dass rechtsextreme Einstellungen bis weit in die Mitte der Gesellschaft in Liechtenstein verbreitet sind», sagte Quaderer und rief dazu auf, Rechtsextremismus in keiner Form zu tolerieren.

Quaderer appellierte an die Bevölkerung, bei Anschlägen und Gewalttaten hin- statt wegzuschauen: «Wir sind jeden Tag aufs Neue gefordert, Mut und Zivilcourage zu zeigen.» (sda)

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