Inside Rick Santorum«Holland tötet seine Senioren!»
Er will mächtigster Mann der Welt werden und weiss genau, was da draussen passiert: Wirres vom US-Präsidentschaftskandidaten über Gesundheitspolitik, die Niederlande und Sterbehilfe.
Eigentlich wollte Rick Santorum gegen Barack Obamas Gesundheitsreform wettern, als er am 16. Februar auf dem «American Heartland Forum» in Columbia, Missouri, mit dem konservativen Psychiater James Dobson plauderte. Der 53-Jährige versuchte, mit Falschaussagen Ängste zu schüren: Die gerade beschlossenen Reform werde dazu führen, dass «Todes-Gremien» über Wohl und Wehe der Patienten entscheiden. Den Begriff hatte Sarah Palin bereits 2008 geprägt, als sie gegen Obama in den Wahlkampf zog; Santorum schlägt in dieselbe Kerbe.
Insbesondere Senioren müssten sich fürchten, hiess es aus der Runde: Wer etwa über 70 Jahre alt sei und einen Schlaganfall erleide, werde nicht mehr automatisch behandelt werden. Um seinen Standpunkt zu verdeutlichen, kam der Präsidentschaftskandidat auf die Niederlande zu sprechen: Dort zeigt sich seiner Meinung nach, was passiert, wenn sich der Staat zu sehr in das Gesundheitswesen einmischt. «Man darf keine Euthanasie betreiben», sagte er mit Blick auf die dort praktizierte Sterbehilfe. «Aber die Hälfte der Leute, die durch Euthanasie getötet werden, und das sind zehn Prozent aller Toten, die Hälfte wird unfreiwillig getötet.»
«Nein, keine Euthanasie»
Das bedeutet, dass Rick Santorum das Wahlvolk nicht nur hinsichtlich der eigenen Nation belügt, sondern auch Unwahrheiten über das Ausland verbreitet. Die Aussage hat in Den Haag zu einem Aufschrei der Empörung geführt: Seit der Einführung 2002 nahmen 3136 Personen Sterbehilfe in Anspruch. Bei 136 000 Verstorbenen macht diese Zahl aber bloss etwas mehr als zwei Prozent aus.
«Seniorenmord im grossen Stil», titelte die Zeitung «NRC Handelsblad» verächtlich. «Rick Santorum glaubt, die Niederlande zu kennen.» Ironisch die Reaktion von «Geenstijl.nl»: «Die einzige Chance, den Senioren-Holocaust zu überleben, ist ein Armband zu tragen, auf dem in vier Sprachen deutlich ‹Nein, keine Euthanasie› steht.»
Auch vor der eigenen Haustür kehrt der Mann aus Virginia nicht besser. Die US-Gesundheitsbehörde bezeichnete seine Aussagen über Obamas Reformen als «absolut falsch». Tatsächlich bestimmen neue Regeln, dass ab 2013 eine Patientengruppe über 70 Jahren nicht mehr behandelt wird, aber betroffen sind nur Senioren, die Hirnblutungen erleiden. Wer in hohem Alter diese Krankheit überlebt, ist danach dennoch nie wieder derselbe – und deshalb erfolgt anschliessend keine Behandlung.
Rick Santorum erklärt den US-Wählern die Welt. Heute: die Niederlande. Quelle. YouTube
Besonders wenig hat Santorum für Schwule und Lesben übrig: «Sagt irgendwer, gleichgeschlechtliche Paare könnten sich nicht lieben? Ich liebe meine Kinder, meine Freunde, meinen Bruder. Ich liebe sogar meine Schwiegermutter. Soll ich diese Beziehungen auch Ehe nennen?», fragte er 2008 laut. Im selben Jahr verglich er im Radio die Homo-Ehe mit Inzest.
Santorum 2008 im RInterview mit dem Radiosender RNC. Quelle: YouTube
Barack Obama ist ebenfalls in Santorums Visier. 2009 schrieb er in seiner Kolumne in der US-Zeitung «Philadelphia Inquirer»: «Als ich gesehen habe, wie sich Präsident Obama für Amerikas Arroganz entschuldigt hat – vor einem französischen Publikum, dass seine Freiheit den Opfern Amerikas verdankt -, war ich überzeugt, dass er eine tief sitzende Antipathie gegen amerikanische Werte und Traditionen hat.»
Zuletzt griff er den Präsidenten auch wegen seiner Umweltpolitik an. «Ich denke, das ist ein heuchlerisches Ideal. Ich glaube nicht, das wir hier sind, um so etwas zu tun. Wir sind nicht hier, um der Erde zu dienen. Die Erde ist nicht das Ziel. Die Menschheit ist das Ziel», sagte er in der CBS-Sendung «Face the Nation».