Harte VorwürfeAssange geisselt US-Haltung zu Folterungen
Wikileaks-Gründer Julian Assange hat die USA in Genf aufgefordert, zu den mutmasslichen Folterungen im Irak und in Afghanistan zu ermitteln.

Grosse Gesten: Julian Assange spricht in Genf zu den Medien.
«Wenn die USA glaubhaft die Menschenrechte verteidigen wollen, müssen sie mutmassliche Menschenrechtsverletzungen untersuchen», sagte Assange vor rund 100 Journalisten im Schweizer Presseclub am Donnerstag. Die von den USA verabschiedeten Gesetze nützten nichts, wenn sie nicht angewendet würden. Manche Personen in der amerikanischen Regierung hätten aber die Gesetze missachtet, sagte der von Leibwächtern begleitete 39-jährige Australier.
«Statt Ermittlungen aufzunehmen, haben die amerikanischen Behörden gegenüber meiner Organisation eine aggressive Haltung eingenommen indem sie diese öffentlich bedrohen und zu zerstören versuchen».
USA verlieren ihren Ruf als Hüterin der Menschenrechte
Wikileaks hatte vor sechs Monaten 90 000 US-Dokumente zum Krieg in Afghanistan und vor zwei Wochen 400 000 Dokumente zum Krieg im Irak publiziert. Die Seite enthüllte dabei, dass es zu Folterungen und Tötungen von Zivilpersonen durch die US-Armee gekommen war.
Im Gegensatz zu den USA hätten Länder, wie Grossbritannien und Dänemark nach den Veröffentlichungen ihre Absicht kundgetan, Untersuchungen einzuleiten. «Ermittlungen sind im Interesse der USA», sagte Assange.
Die angeprangerten Menschenrechtsverletzungen zwischen 2004 und 2009 gingen nicht nur zulasten der Regierung Bush. Auch unter Obama sei es zu Gesetzesverstössen gekommen, indem Gefangene an Gruppen weitergeleitet worden seien, die bekanntlich Folterungen ausübten.
«Die USA sind dabei, ihren Ruf als Hüterin der Meinungsfreiheit und der Menschenrechte zu verlieren», sagte Assange. Die USA sollen am Freitag im UNO-Menschenrechtsrat zu Foltervorwürfen angehört werden. Assange soll gleichentags am Rande der Konferenz vor Nichtregierungsorganisationen (NGO) auftreten.
Druckversuche und Zwischenfälle
Der Gründer von Wikileaks war vom «Institut international pour la paix, la justice et les droits de l'Homme (IIPJDH)» eingeladen worden, einer vor einem Jahr gegründeten NGO. Sein Besuch in der Schweiz ist von erhöhten Sicherheitsmassnahmen begleitet.
Die Genfer Polizei kontrollierte am Donnerstag den Zugang zum Schweizer Presseclub. Das Hotel in dem Assange untergebracht wurde, wird geheimgehalten.
Assange, der sich von den Geheimdiensten verfolgt fühlt, sagte, seine Situation sei in den letzten drei Monaten sehr schwierig geworden. Er beschrieb eine Serie von Zwischenfällen und Druckversuchen. Diese hätten zum Ziel, ihn zum Schweigen zu bringen und Wikileaks zu überwachen und finanziell auszutrocknen.
Rund 70 Prozent der für den Betrieb der Internetseite gesammelten Gelder würden inzwischen eingesetzt, um die Sicherheit der Seite und ihrer Mitglieder zu garantieren sowie um Wikileaks juristisch zu verteidigen. Zudem sei die Internetseite auch mehrfach Hacker- Angriffen ausgesetzt gewesen.
Zwei Drittel der Gönner seien Einzelpersonen, die Online per Kreditkarte bezahlten. Nach den Enthüllungen über Afghanistan im April sei diese Art der Geldsammlung durch den Kreditkartenbetreiber ausgesetzt worden. Ein alternatives Sammelsystem sei darauf über Island in Gang gesetzt worden.
Assange befürchtet, dass nach den Wahlen in den USA die republikanische Mehrheit in den USA Gesetze erlassen könnte, laut denen die Publikation von Dokumenten wie auf Wikileaks als eine Form von Spionage angesehen würde. (sda)