«White Christmas» einmal andersAusländer raus vor Weihnachten
Weihnachten ist das Fest der Liebe — aber offenbar nicht in Coccaglio. In dem norditalienischen Städtchen bläst der Lega-Bürgermeister mit der Operation «Weisse Weihnacht» zur Ausländerhatz.
«Wir wollen saubermachen.» So umschrieb Bürgermeister Franco Claretti laut der deutschen Zeitung «Der Tagesspiegel» das Ziel der Operation «Natale bianco» (Weisse Weihnacht), die bereits Ende Oktober angelaufen ist und bis zum 25. Dezember, dem Weihnachtstag eben, abgeschlossen sein soll. Dem Sindaco, der Mitglied der rechtspopulistischen Lega Nord ist, geht es indes beim Saubermachen nicht um Müll auf den Strassen oder andere «Littering»-Probleme. Nein, in dem 7000-Seelen-Ort in der vergleichsweise reichen norditalienischen Provinz Brescia geht es um Sauberkeit der anderen Art: Illegal im Belpaese sich aufhaltende Ausländer sollen aufgespürt und ausgewiesen werden. Zu diesem Zweck gehen städtische Polizisten von Haus zu Haus und kontrollieren die Papiere.
Prekärer Status der Ausländer
Nach diversen Verschärfungen des Ausländerrechts durch die Regierung Berlusconi in Rom — in der notabene auch die Lega sitzt — ist der Status der Ausländer einigermassen prekär: Aufenthaltsgenehmigungen gibt es lediglich für die Dauer eines Jahres und nur bei Vorlage eines gültigen Arbeitsvertrages. Wer arbeitslos wird, hat keinerlei Aussichten auf Verlängerung. Von den derzeit 1500 bis 1600 Ausländern in Coccaglio dürften rund 400 bei der Kontrolle Probleme bekommen, schätzt Bürgermeister Claretti.
Operation «Weisse Weihnacht» erntet allerdings nicht nur Beifall. Heftige Kritik kommt von linker und liberaler Seite; die beiden Gewerkschaftsbünde CGIL und CISL nannten die Kampagne gar «faschistisch», wie die deutsche Zeitung «taz» berichtet. Die Fraktionschefin der Demokraten im Senat, Anna Finocchiaro, erklärte gemäss der «taz», die Lega habe «eine fremdenfeindliche, rassistische, gewalttätige und rückwärtsgewandte Vorstellung von unserem Land.»
«Weihnachten kein Fest der Gastfreundschaft»
Doch Claudio Abendi hat damit kein Problem: «Für mich ist Weihnachten nicht das Fest der Gastfreundschaft, sondern der christlichen Tradition, also unserer Identität», sagte der für Sicherheit zuständige Stadtrat. Auch der Pfarrer von Coccaglio fühlt sich nicht zum Protest bemüssigt; er habe bei der Stadtregierung keinerlei Rassismus festgestellt, berichtet der «Tagesspiegel». Und Claretti legt Wert darauf zu betonen, dass es bloss ein «humoristischer Einfall» der Stadtpolizei gewesen sei, die Kampagne gegen die illegalen Ausländer «White Christmas» zu nennen. Da bleibt nur zu hoffen, dass niemandem das Lachen im Halse stecken bleibt.