In Rotterdam regiert ein bekennender Muslim

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Sensation in RotterdamIn Rotterdam regiert ein bekennender Muslim

Es war vielleicht kein politisches Erdbeben, was der Stadtrat von Rotterdam da ausgelöst hat, aber allemal eine Sensation: Ein bekennender Muslim wird Bürgermeister der zweitgrössten niederländischen Stadt.

Spektakulärer als die Entscheidung des Stadtrates von Rotterdam für den mit 16 Jahren aus Marokko gekommenen Ahmed Aboutaleb als künftigen Bürgermeister hätte kaum eine Meldung sein können, meinte die christlich-liberale Zeitung «Trouw».

Dass nun zum ersten Mal in der niederländischen Geschichte ein Muslim Bürgermeister einer Metropole wird, sei «ein enormer Fortschritt in der nationalen Debatte über die Integration von Einwanderern». Zugleich wurde die Entscheidung als Zeichen der Hoffnung gewertet.

Und zwar der Hoffnung, dass Unruhen und Verwerfungen in der niederländischen Gesellschaft, wie sie 2004 durch die Ermordung des islamkritischen Regisseurs Theo van Gogh auf offener Strasse erheblich geschürt wurden, überwunden werden. Und dass das Land zu dem einst als beispielhaft gelobten toleranten Neben- und Miteinander von Menschen aller Rassen und Religionen zurückfindet.

Symbol für Gegensätze

Der Mörder van Goghs, ein junger Islamist, ist ebenso wie der nun frisch gekürte Rotterdamer Bürgermeister marokkanischer Herkunft. Stärker könnten die Gegensätze innerhalb der muslimischen Gemeinde in den Niederlanden kaum symbolisiert werden: Als terroristischer Schwerverbrecher im Gefängnis der eine, und der andere als weithin gelobter Politiker Stadtoberhaupt der Wirtschaftsmetropole des Landes.

Dass vor dem 47-jährigen Aboutaleb gewaltige Herausforderungen liegen, wird jetzt vielfach betont. Erst im letzten Frühjahr hatte es noch so ausgesehen, als würden die Niederlande immer stärker in Richtung einer gefährlichen Konfrontation zwischen der muslimischen Minderheit aus Marokkanern und Türken und der Mehrheit abgleiten.

Mit seinem Anti-Islam-Film «Fitna» goss der Chef der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit Geert Wilders, auch Öl ins Feuer der Auseinandersetzungen über den Umgang mit solchen marokkanisch-stämmigen jungen Niederländern, die ihr Heil in religiösem Hass suchen und sich zudem in kleinkriminellen Banden als Bürgerschreck aufführen.

«Poldern» als einziger Lösungsweg

Aboutaleb sieht im Grunde nur einen Lösungsweg. Dieser entspricht seinem persönlichen Stil als Profi-Politiker der sozialdemokratischen Partei der Arbeit ebenso wie er «ur- niederländisch» ist: das sogenannte Poldern - die gemeinsame Suche nach Konsenslösungen durch den offenen und beharrlichen Dialog.

Dafür ist ihm in den beunruhigenden Zeiten nach dem Mord an Van Gogh, als Zeitungen vom «Dschihad an der Nordsee» schrieben und Brandanschläge auf Moscheen verübt wurden, viel Anerkennung gezollt worden.

Und daran erinnerte auch jener prominente und populäre Parteifreund Aboutalebs, der ihm als erster gratulierte: «Rotterdam kann sich glücklich schätzen», sagte Job Cohen, der jüdische Bürgermeister von Amsterdam.

(sda)

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