Druck aus USAObamas Angriff auf «Steueroase» Schweiz
US-Präsident Barack Obama braucht Geld. Deshalb will er wie im Wahlkampf angekündigt schärfer gegen Steueroasen vorgehen. Die Schweiz darf sich auf weiteres Ungemach gefasst machen.
Der Präsident versucht die Quadratur des Kreises: Mit gigantischen Summen will er die schwere Finanz- und Wirtschaftskrise bekämpfen. Gleichzeitig möchte er die enormen Budgetdefizite und die Staatsverschuldung senken. Zwei Wege sollen zu diesem Ziel führen: tiefere Ausgaben und höhere Steuern. Dazu will Obama nicht nur die Steuersenkungen seines Vorgängers George W. Bush teilweise beseitigen, sondern auch die Schlupflöcher stopfen, über die Privatpersonen und Unternehmen ihr Geld ins Ausland verschieben.
Es handelt sich nicht um Lappalien. Die «Huffington Post» zitierte aus einem Regierungsbericht von 2008, wonach von den 100 grössten börsenkotierten US-Unternehmen 83 eine Niederlassung in Steueroasen wie den Cayman Islands, Bermudas und Virgin Islands eröffnet haben. Von diesen Firmen hätten 14 vom 700-Milliarden-Rettungsplan für die Finanzbranche profitiert, so der Versicherungsgigant AIG, die Bank of America oder die Citigroup. In seiner wöchentlichen Internet- und Radioansprache kündigte Obama am Samstag denn auch einen «ziemlich aggressiven Kraftakt» zur Durchsetzung der Steuergesetze an.
100 Milliarden jährlich hinterzogen
Das Thema ist für Barack Obama nicht neu, schon als Senator hatte er sich dem Kampf gegen Steuerparadiese verschrieben. Am 17. Februar 2007, kurz nachdem er seine Kandidatur für die Präsidentschaft verkündet hatte, reichte er eine Vorlage mit dem Titel «Stop Tax Haven Abuse» ein, zusammen mit Carl Levin aus Michigan, dem schärfsten Kritiker der Steueroasen im Kongress. «Wir müssen gegen Individuen und Firmen vorgehen, die unsere Steuergesetze missbrauchen, um zu verhindern, dass diejenigen, die hart arbeiten und sich an die Gesetze halten, benachteiligt werden», sagte Obama.
Die Senatoren bezifferten die Summe der jährlich hinterzogenen Gelder damals auf 100 Milliarden Dollar. Ihre Vorlage zielt auf eine faktische Umkehr der Beweislast: Privatpersonen und Firmen müssten künftig nachweisen, dass sie ihr Geld rechtmässig ins Ausland verschoben und versteuert haben. Auf einer «schwarzen Liste» wurden 34 Länder aufgelistet, unter ihnen die Schweiz. Im Wahlkampf unterstrich Obama den Einsatz gegen «Steuerbetrüger». Dabei erwähnte er explizit die UBS und die liechtensteinische LGT.
Steuerhinterziehung wie Geldwäscherei
Die Vorlage befindet sich noch in den Mühlen der parlamentarischen Beratung, doch bereits zeichnet sich eine weitere Verschärfung ab: Im Februar reichten die Senatoren Patrick Leahy (Vermont) und Charles Grassley (Iowa) eine neue Initiative ein, die Steuerhinterziehung wie Geldwäscherei behandeln will. Für die Schweiz ein heisses Eisen, wurde doch das hiesige Geldwäscherei-Gesetz erst auf Druck der USA eingeführt.
Die «NZZ am Sonntag» orakelte bereits 2007, dass im Fall eines Wahlsiegs von Obama «in Zukunft in Steuerfragen ein kälterer Wind wehen könnte». Eine Tatsache, die vielen nicht bewusst war, die im letzten November den Wahlsieg des ersten schwarzen Präsidenten bejubelt hatten. Dabei hatten die UBS und ihre Mitarbeiter dessen Kampagne grosszügig unterstützt. Und die USA haben in Sachen Steueroptimierung auch kein reines Gewissen, der winzige Bundesstaat Delaware – Heimat von Vizepräsident Joe Biden - etwa gilt als wahres Eldorado für Briefkastenfirmen.
Treffen mit Brown im März
Der Schweiz dürfte dies wenig nützen, weiterer Druck ist programmiert. Bereits in der Nacht auf Mittwoch könnte Obama in seiner Rede vor beiden Häusern des Kongresses seine Absicht unterstreichen. Im März wird der britische Premierminister Gordon Brown in Washington erwartet. Er hatte letzte Woche seinerseits einen verstärkten Kampf gegen Steueroasen angekündigt und dabei vor allem die Schweiz ins Visier genommen – im Wissen darum, dass er in Barack Obama einen Verbündeten hat.