EnergiestreitRussland dreht Europa den Gashahn zu
Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine greift auf Europa über: Nach Ungarn und Polen hat am Abend auch Rumänien über geringere Erdgas-Lieferungen aus Russland berichtet. Die EU forderte Russland auf, die Lieferungen «umgehend wieder aufzunehmen».
Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft forderte Russland und die Ukraine auf, die «vollständigen Gaslieferungen» an die Mitgliedsländer der Europäischen Union «umgehend wieder aufzunehmen». Der Handelsstreit um Gaslieferungen von der Russischen Föderation in die Ukraine müsse «dringend» beigelegt werden, hiess es in einer Erklärung.
Russland hatte zuvor vor Versorgungsausfällen in Europa gewarnt. Die Ukraine habe sich geweigert, die von Russland geforderte Gasmenge für Samstag durchzuleiten, begündete Gazprom. Zudem habe die Ukraine eingeräumt, für Europa bestimmtes Gas abgezweigt zu haben.
Die ukrainische Naftogaz wies die russischen Vorwürfe mit dem Kommentar zurück, es gebe keinen Diebstahl. Allerdings habe das Unternehmen aus «technischen Gründen» Gas aus russischen Lieferungen für Europa «entfernt».
Es geht um kleine Mengen
Im Streit um die Durchleitung für Samstag ging es um relativ geringe Mengen. Während Russland 303 Millionen Kubikmeter nach Europa transportieren wolle, habe die Ukraine nur einer Weiterleitung von 296 Millionen Kubikmeter zugestimmt, sagte ein Gazprom-Sprecher.
Der Sprecher sagte am Freitag, der russische Gasmonopolist rechne damit, dass die Ukraine den grössten Teil ihrer Schulden bis zum 11. Januar begleichen werde. Rund 614 Millionen Dollar stünden dann aber wohl noch aus.
Im Streit um Gasrechnungen fordert Gazprom von Naftogaz mehr als zwei Milliarden Dollar, der ukrainische Staatskonzern zahlte bislang aber nur anderthalb Milliarden. Zudem will der russische Konzern den Gaspreis auf 250 Dollar je tausend Kubikmeter Gas erhöhen, während Naftogaz nur 235 Dollar zahlen will. Europäische Kunden zahlen 418 Dollar für russisches Gas.
Russland hatte am Neujahrsmorgen wegen des Streits um Lieferbedingungen und Preise seine Gaslieferung an die Ukraine eingestellt. Beide Länder hatten aber zugesichert, weiter Gas für die europäischen Länder einzuspeisen beziehungsweise durch die Pipelines nach Westen weiterzuleiten.
Die Ukraine bat unterdessen die Europäische Union um Unterstützung. Eine Delegation unter der Führung des ukrainischen Energieministers Juri Prodan habe erklärt, sie erwarte bei den Verhandlungen mit Gazprom die Unterstützung der EU, erklärte das slowakische Wirtschaftsministerium in Bratislava.
Nach der tschechischen Hauptstadt Prag und Bratislava besuchte die ukrainische Delegation am Freitag auch Berlin. Europa bezieht etwa ein Fünftel seines Gases über die Leitungen durch die Ukraine.
Kaum Auswirkungen auf die Schweiz
Vor drei Jahren war die Schweiz bei einem ähnlichen Streit zwischen Russland und der Ukraine nicht betroffen. Bereits am Dienstag hatte der Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) deshalb mittgeteilt, er erwarte auch dieses Mal keinerlei Beeinträchtigungen der Versorgung der Schweiz.
Mit Russland habe der VSG keine Verträge. Die Schweiz ist aber durch Lieferverträge mit der deutschen E.ON Ruhrgas, die einen Drittel ihres Volumens von der Gazprom erhält, indirekt vom Gastransit durch die Ukraine betroffen.
(sda)